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„Metalldetektor piepste überall“

Norwegen: Schiffsgrab von Wikingerkönig Bjørn Farmann entdeckt?

Die Kommune Tønsberg im Südosten Norwegens geriet 2018 urplötzlich in den Fokus archäologischer Forschung, als auf einem Acker in der Nähe des bekannten Gutshofs Jarlsberg mit einem Metalldetektor Nieten gefunden wurden.


Bilder 1 bis 4: Museum of Cultural History / University of Oslo

Zwar mag das Suchergebnis zunächst banal klingen, aber in Fachkreisen ließ es den Puls in die Höhe schnellen. Denn Nieten im Boden gelten in Norwegen je nach Region als äußerst verheißungsvoller Indikator dafür, dass da etwas von höchstem Wert vergraben sein könnte – ein Wikingerschiff.

Im Frühjahr 2024 haben Wissenschaftler der Universität Oslo nun endlich nach Antworten gesucht. Im Rahmen einer zweiwöchigen Ausgrabung wurde das Fokusgebiet nach weiteren verwertbaren Hinweisen für die Existenz einer solchen Grabstätte durchsucht.

Und tatsächlich: Die Ergebnisse der Untersuchung lassen so gut wie keinen Zweifel aufkommen, dass das Areal vor rund 1.000 Jahren tatsächlich als letzte Ruhestätte einer privilegierten Persönlichkeit diente. Untersuchungen mit dem Bodenradar haben klar bestätigt: Hier war einst ein Grabhügel.

„Wir können jetzt mit Sicherheit sagen, dass hier die Überreste eines Wikingerschiffs liegen. Diese Entdeckung fügt der archäologischen Forschung eine neue Landmarke hinzu, die in der damaligen Zeit eine wichtige Rolle gespielt hat“, teilte Grabungsleiter Christian Løchsen Rødsrud mit.

Obwohl das Schiff nach der Abtragung des Hügels wahrscheinlich zu weiten Teilen in Stücke gepflügt wurde, können die gefundenen Nieten viel über dessen ehemalige Funktion und vor allem Größe verraten.

Die einfache Gleichung lautet: große Nieten = großes Wikingerschiff

„Die Art der Nieten weist klar darauf hin, um welch beträchtliches Schiff es sich handelte. Ihre Ähnlichkeit mit Funden in Gokstad und Oseberg lässt eigentlich keine Fragen offen“, sagt Rødsrud. Seine einfache Gleichung: große Nieten = großes Wikingerschiff.

Im Ergebnis haben die zweiwöchigen Ausgrabungen etwa 70 Nieten zu Tage befördert. Ihre Abmessungen deuten darauf hin, dass sie einst verwendet wurden, um bis zu 2,5 Zentimeter dicke Planken zusammenzuhalten.

„Dann haben wir es wahrlich mit der Größe eines Wikingerschiffs zu tun“, urteilt Rødsrud, der auch die Ausgrabung des sogenannten Gjellestad-Schiffs vor einigen Jahren leitete. Es war die erste Ausgrabung dieser Art in Norwegen seit rund 100 Jahren. Wikingergräber sind und bleiben der Goldstandard.

Wikingerschiff Norwegen
Der ungefähre Fundort im Süden Norwegens. (Eigene Darstellung / NordNordWest / CC BY-SA 3.0 DE)

Zudem fanden Rødsrud und sein Team Hinweise auf elitäre Grabbeigaben. Denn einige der im Ackerboden entdeckten Metallteile erwiese sich bei genauer Betrachtung als Spikes, wie sie damals bei eisigen Bedingungen an Pferdehufen befestigt wurden.

„Das Schiff und das Pferd sind wiederkehrende Gemeinsamkeiten in den Bestattungsbräuchen und der Mythologie der Wikingerzeit“, sagt Rødsrud. Will heißen: Es ist wahrscheinlich, dass das Ross des Wikingers an Ort und Stelle mit ihm in den Tod gegangen ist.

Spannenderweise scheint es mit den zwei Wochen Ausgrabungszeit längst nicht getan zu sein. „Bei der Metallsuche an der Fundstelle piepte es überall. Wir haben Signale von Hunderten, womöglich Tausenden von Nieten und anderem Metall im Boden empfangen“, schildert der Archäologe.

„Es wäre definitiv spannend, mehr über die hier begrabene Person herauszufinden“

Nun müssen er und sein Team entscheiden, ob es sich lohnt, dem Ganzen noch mehr auf den Grund zu gehen. Denn klar, die Existenz mehrerer kostbarer Grabbeigaben irgendwo auf dem Feld ist angesichts der jüngsten Forschungsergebnisse nicht unwahrscheinlich.

Andererseits ist den Forschern auch bewusst, dass jedes Jahr, in dem der Pflug über das Feld gefahren ist, mehr und mehr von der historischen Substanz verloren gegangen ist. Da der Grabhügel weg ist, dürfte auch dessen ehemalige Basis längst Teil der landwirtschaftlichen Nutzung sein.

„Es wäre definitiv spannend, mehr über die Person herauszufinden, die hier begraben wurde“, urteilt Rødsrud. Denn es gibt durchaus schlüssige Theorien, dass es sich um das Grab des Wikingerkönigs Bjørn Farmann handeln könnte.

Den Sagen zufolge wurde er hier, auf Gut Sæheimr, irgendwann im Zeitraum von 930 bis 934 nach Christus von seinem Bruder getötet. Eine Geschichte, die den Archäologen A.W. Brøgger schon vor Jahrzehnten veranlasste, in dem Gebiet nach Spuren des Königs zu suchen.

Was er fand, war tatsächlich ein weiterer Grabhügel. Nur fanden sich in dessen Untergrund eben keinerlei Hinweise auf ein altes Wikingerschiff. „Er hat wahrscheinlich einfach den falschen Grabhügel abgesucht“, sagt Rødsrud.

Gegenüber Science Norway fuhr er dieser Tage fort: „Diese Landschaft ist noch ziemlich unbekannt und würde von weiteren Erkundungen und Forschungen profitieren. Die Landschaft um den Gutshof Jarlsberg könnte ein wichtiger Ort während der Wikingerzeit gewesen sein.“

Hört sich so ganz so an, als würde er mit seinem Team schon bald wieder anrücken.

Unser Geographie-Quiz: Norwegen und seine Landschaft

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