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Junge Fachkräfte wenden sich von Großbritannien ab

Brexit zu Ende gedacht: Wer die Jugend verliert, verliert das Spiel

Bemerkenswerte Zahlen zum Thema Berufsstart im Ausland: In der jüngeren Vergangenheit war der britische Arbeitsmarkt für Absolventen aus Deutschland mit Abstand die erste Adresse in Europa. Laut Studienreihe „Fachkraft 2020“ hat Großbritannien nach der Brexit-Entscheidung jedoch deutlich an Attraktivität eingebüßt – und Platz eins in der Beliebtheit an Skandinavien verloren.

Infografik Brexit Beliebtheit GB

Konkret ergab die im Auftrag von NORDISCH.info Media durchgeführte Analyse, dass 2016 (gegenüber 2015) rund ein Viertel weniger Berufseinsteiger aus Deutschland den Plan verfolgten, auf dem britischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Frei nach dem Motto: England? Nein, danke!

An der Erhebung, die im September letzten Jahres und damit rund drei Monate nach dem Brexit-Votum durchgeführt wurde, hatten bundesweit etwa 20.000 Studierende teilgenommen.

Jobinteresse innerhalb von 12 Monaten um ein Viertel gesunken

Von allen Teilnehmenden, die es nach dem Studienabschluss ins europäische Ausland zieht, votierte in der vorliegenden Fachkraft-2020-Erhebung nur noch gut jeder sechste (18,1 %) für einen Berufseinstieg in Großbritannien.

Beliebtheit Großbritannien/Skandinavien im Vergleich
Job-Beliebtheit bei deutschen Absolventen, Großbritannien und Skandinavien im Vergleich. (Daten-Quelle: Studienreihe Fachkraft 2020 und Maastricht University)

Zum Vergleich der Wert aus dem Jahr zuvor: 2015 hatten sich anteilig 23,7 Prozent der Befragten mit beruflichen Ambitionen im europäischen Ausland für Großbritannien ausgesprochen – gut jeder vierte also, was auf einen beträchtlichen Imageverlust der Insel innerhalb von nur 12 Monaten hinweist.

Zur verbesserten Einordnung der Erkenntnislage wurde ferner die Attraktivität des EU-Mitgliedsstaates Irland herangezogen. Für das vom Brexit-Votum nicht direkt betroffene Nachbarland Großbritanniens konnte im Untersuchungszeitraum keine Attraktivitätsveränderung festgestellt werden. Anteilig 3,5 Prozent für das Jahr 2015 stehen hier identische 3,5 Prozent für das Jahr 2016 gegenüber.

Gerade männliche Absolventen zieht es nicht auf die Insel

Auch mit Blick auf das Geschlecht sind die Sympathien für bzw. gegen den britischen Arbeitsmarkt überraschend klar verteilt. So zeigen die vorliegenden Daten, dass von allen Absolventen, die es auch nach dem Brexit-Votum noch über den Ärmel-Kanal zieht, nur gut jeder vierte männlich ist (28 % gegenüber 72 % auf weiblicher Seite).

Beliebtheit nach Geschlecht
(Daten-Quelle: Studienreihe Fachkraft 2020 und Maastricht University)

Auch hier die Einordnung: An deutschen Hochschulen verfolgen männliche Studierende generell seltener das Ziel, nach dem Abschluss innerhalb Europas abzuwandern (35 % gegenüber 65 % auf weiblicher Seite).

In Folgeuntersuchungen von NORDISCH.info Media und Fachkraft 2020 soll nun erörtert werden, ob sich der dargestellte Attraktivitätsverlust Großbritanniens bei Absolventen aus Deutschland im Zuge der in diesen Tagen startenden Austrittsverhandlungen mit der EU verstetigen oder abschwächen wird.

Am 23. Juni 2016 hatten sich in England, Schottland und Wales sowie Nordirland und Gibraltar (Vereinigtes Königreich) 51,9 Prozent der rund 46,5 Millionen Wahlberechtigten für ein Verlassen der Europäischen Union ausgesprochen.

NORDISCH.info meint: Ein Hauptanliegen der Brexit-Bewegung war es, die Zuwanderung auf den britischen Arbeitsmarkt drastisch zu reduzieren. Die populistischen Parolen dahinter: „Englische Jobs zurück in englische Hände!“ und auch: „Ausländer raus!“

Nun das: Die Rechnung könnte aufgehen. Die Fachkräfte orientieren sich jetzt schon in Richtung anderer Länder, besonders die skandinavischen profitieren vom Braingain durch in Deutschland ausgebildete Studien-Absolventen.

In Deutschland jedenfalls kann man anhand der vorliegenden Zahlen den Eindruck gewinnen, dass das Image der Insel innerhalb kürzester Zeit mächtig gelitten hat. „Wenn Ihr uns nicht wollt, wollen wir euch auch nicht!“, könnte die dazu passende Gegenparole lauten.

Ist das gut so? Nein, sicherlich nicht. Nichts ist gut. Denn hüben wie drüben sind es vor allem die gut ausgebildeten, die international vernetzten, die weltoffenen Teenager und Twens, denen der Brexit ungewollt den Riegel vorschiebt.

Daher könnte die entscheidende Parole dieser Polit-Posse namens Brexit am Ende eine ungute für Großbritannien sein: „Wer die Jugend verliert, verliert das Spiel!“

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Über Fachkraft 2020: Die bundesweiten Erhebungen zur Studienreihe Fachkraft 2020 finden seit September 2012 zweimal pro Jahr statt. Das Projekt wird in Kooperation zwischen dem Department of Labour Economics der Maastricht University und dem Kölner Unternehmen Studitemps durchgeführt. Seit Beginn der Studienreihe konnten rund 200.000 Studierende und junge Absolventen zu ganz unterschiedlichen Themen befragt werden – so auch zu beruflichen oder freizeitlichen Zielsetzungen, die außerhalb von Deutschland liegen.

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