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Mehr als nur ein kleiner Urlaubstipp

Hiiumaa – entspannter Sommerwohnsitz der Esten

Fotos: Nordisch.info

Kurz-Zusammenfassung:

  • Hiiumaa ist neben Saaremaa die zweite flächenmäßig große Urlaubsinsel vor der Westküste Estlands – gut erreichbar per Fähre ab Rohuküla (ca. 70 Minuten).

  • Die wunderschöne Natur und das entspannte Wesen der Bewohner prägen das Inselleben – Party sucht man hier vergebens.

  • Sehenswert: Verteilt über die Insel gibt es imposante Herrenhäuser und teils abgelegene Sandstrände. Daneben Kult-Stätten, Leuchttürme und andere Möglichkeiten für herrliche Erkundungstouren.

  • Tipp: Beim Dorf Kassari reicht der Sääretirp – eine schmale Landzunge – fast zwei Kilometer in die offene See hinein: links wie rechts nichts als Ostsee, sehr beeindruckend.

  • Bekannte Figur der regionalen Mythologie ist der Riese Leiger, der laut Legende eine Brücke zur Insel Saaremaa gebaut haben soll – ein Rest hiervon soll der Sääretirp sein.

Landkarte Insel Hiiumaa
Estlands Sommerinsel Hiiumaa im Westen des Landes – oberhalb von Saaremaa.

Hiiumaa bildet mit rund 1.000 Quadratkilometern Gesamtfläche den kleinsten Landkreis in Estland. Er setzt sich zusammen aus der gleichnamigen Hauptinsel (989 Quadratkilometer) sowie den drei deutlich kleineren Nebeninseln Kassari, Hanikatsi und Saarnaki.

Von den vergleichsweise stattlichen 11.000 Bewohnern des Kreises leben fast alle auf der Hauptinsel Hiiumaa. Einige wenige leben zudem auf Kassari, wogegen Hanikatsi und Saarnaki seit den 1970er Jahren gänzlich unbewohnt sind.

Hiiumaa ist leicht per Fähre erreichbar. Abfahrtsort ist der etwa 10 Kilometer von Haapsalu entfernt liegende Hafen Rohuküla.

Von Tallinn aus existiert außerdem – man höre und staune – eine Flugverbindung. Es ist die sicherlich imposanteste Möglichkeit der Anreise.

Ruhe und Abgeschiedenheit prägen das Inselleben in außerordentlichem Maße. Land und Leute ruhen sprichwörtlich in sich selbst, was aus Besuchersicht nicht unwesentlich zum angenehmen Urlaubsklima auf der im Schwedischen Dagö genannten Hauptinsel beiträgt.

Kurz: Wer Party sucht, wird auf Hiiumaa definitiv nicht fündig. Hier zählen andere Dinge.

hiiumaa
Hiiumaa abseits der Küste: estland-typischer Holzsteg über Moorlandschaft.
(Foto: K. Urman, CC BY-SA 4.0)

„Hauptstadt“ Kärdla

So auch in Kärdla, der mit 4.000 Einwohnern deutlich größten Ortschaft des Landkreises. Kärdla wurde wahrscheinlich schon im 14. Jahrhundert als ursprünglich schwedische Siedlung gegründet.

Die älteste urkundliche Erwähnung datiert hingegen erst aus dem Jahre 1564.

Die Stadt ist seit jeher eine Art Nahtstelle zwischen landschaftlichem Grün und tiefem Ostsee-Blau. Fast alle Häuser, vorwiegend aus Holz erbaut, haben große Gärten mit hohen Bäumen und dichten Büschen.

Alles sehr unaufdringlich, man schätzt bei aller Freundlichkeit eben auch die Privatsphäre. Ein Flüsschen namens Nuutri weist den Weg zu Meer und Hafen, wo im Sommer zahlreiche Ausflügler mit Booten und kleinen Yachten anlegen.

In unmittelbarer Nähe befinden sich der Badestrand und ein hübscher Park samt Restaurant bzw. Café, welches neben der Kärdla-Kirche (erbaut 1863) und dem städtischen Feuerwehrhaus ein Markenzeichen der Insel ist.

Das Haus namens Rannapaargu steht für gutes Essen und eine gelungene Architektur. Erbaut wurde es in den 1970er Jahren.

Herrenhäuser und Kult-Stätten

Doch auch abseits der Stadt entfaltet Hiiumaa einen ganz besonderen Charme.

Verteilt über die Region finden sich mehrere Leuchttürme, Herrenhäuser (u.a. Gut Großenhof/Suuremõisa loss), abgelegene Sandstrände, einige Kult-Stätten und immer wieder riesige Findlinge, denen auch heute noch eine mystische Bedeutung beigemessen wird.

hiiumaa wasserreichtum
Viel Wasser, viel Schilf: Binnensee auf Hiiumaa. (Foto: M. Vainu, CC BY-SA 4.0)

Hiiuma: Urlaubsinsel der Esten

Naturverbundenheit als Wurzel des eigenen Glaubens – ein in Estland weit verbreitetes Phänomen.

Im Grunde ist es die Beschaulichkeit der stark bewaldeten Insel, wegen der sich zuvorderst Tagestouristen auf den Weg nach Hiiumaa machen. Knapp 70 Minuten Fährfahrt, und es winkt ein Tag voller Abgeschiedenheit, Natur- und Kulturerleben.

Wobei: Eigentlich reicht ein Tag für die Region bei weitem nicht aus. Idealerweise sollten einem gleich mehrere Tage zur Verfügung stehen, um Hiiumaa und seine Nebeninseln von Grund auf kennen- und schätzen zu lernen.

Die Esten selbst machen es vor. Gerade Stadtbewohner finden scheinbar großen Gefallen an der Region, leisten sich – soweit finanziell möglich – ein Sommerhaus oder ein Boot, um die warmen Tage des Jahres auf Hiiumaa zu verbringen.

Sicherlich der beste Beweis dafür, wie gut es sich vor der Westküste Estlands leben lässt. Zu den vegetativen Besonderheiten Hiiumaas zählt, dass es sich um die waldreichste Region Estlands handelt.

Beachtliche 60 Prozent der Gesamtfläche sind von Kiefern-, Laub- und Fichtenhölzern bedeckt, in Küstennähe im Regelfall auf bestens befestigten Wegen zu erwandern. Auch Wacholderhaine gehören zum alltäglichen Bild.

Im Zentrum der Insel dagegen ein anderes Bild: Es ist eher von morastigem Untergrund und Sümpfen geprägt. Hier fällt es je nach Witterung nicht leicht, den Tag trockenen Fußes zu überstehen.

Zudem wird der Baumbewuchs fast undurchdringlich. Stellenweise nur für absolute Wanderfreaks geeignet.

kapelle malvaste
Die Kapelle des Propheten Elia mit Friedhof in Malvaste. (Foto: KalervoK / CC BY-SA 3.0 ee)

Vielfältige Fauna

Entsprechend einzigartig – weil in nahezu unberührter Natur lebend – präsentiert sich auch die Fauna. Hiiumaa bietet Tieren einen der besten kontinentalen Lebensräume, was sich neben der Existenz unzähliger Vogelarten, Luchse etc. in erster Linie am Comeback des Europäischen Nerzes ablesen lässt.

Seit 2000 läuft vonseiten des Tallinner Zoos ein Wiederansiedlungsprojekt der seit über hundert Jahren nahezu ausgestorben Marderart. Offenbar mit Erfolg.

Das topographische Highlight Hiiumaas, der so genannte Turmberg (Tornimägi), befindet sich auf der westlichen Halbinsel Kõpu.

Er hat mit seinen knapp 70 Metern Höhe zwar eigentlich eher Hügelcharakter, erfährt in Gestalt des 1531 auf ihm erbauten Leuchtturms (Kõpu tuletorn) jedoch eine nennenswerte Vergrößerung.

Gemessen an estnischen Verhältnissen geht das Ganze damit bereits als „Berg“ durch. Bekanntermaßen ist die Baltische Republik eines der flachsten Länder Europas. Ihre höchste Erhebung, der im Süden gelegene Große Eierberg (Suur Munamägi), misst gerade einmal 318 Meter.

Mythologie: Der Riese Leiger im „Land der Riesen“

Hiiumaa ist aber auch eine Region kleiner Geschichten und Episoden, deren Grenzen zwischen Wahrheit und Dichtung als durchaus fließend zu bezeichnen sind.

Bestes Beispiel hierfür ist der Riese Leiger, ein interessanter Protagonist der regionalen Mythologie. Laut Legende soll er sich um den Bau einer Brücke zwischen Hiiumaa und Saaremaa verdient gemacht haben.

Zwar gibt es zwischen den beiden Inseln in der Realität keine Landverbindung, noch wurde eine solche jemals ernsthaft in Erwägung gezogen, und doch ist auf Hiiumaa jedem klar, welches „Bauwerk“ gemeint ist: Der so genannte Sääretirp.

Zu sehen ist das Ganze auf einer Hiiumaa unmittelbar vorgelagerten Insel namens Kassari, in deren Süden sich eine schmale Landzunge exakt in Richtung Saaremaa erstreckt.

Der Sääretirp reicht gut und gerne zwei Kilometer in die offene See hinein. Bei schönem Wetter an seinem Ende zu stehen, den Blick links wie rechts über die Ostsee gerichtet, ist absolut beeindruckend.

Sääretirp Hiiumaa
Fast wie über Wasser gehen: Unterwegs auf der etwa zwei Kilometer in die offene See ragenden Landzunge „Sääretirp“. (Foto: Nordisch.info)

Zudem wird vermutet, dass besagter Leiger zusammen mit anderen riesenhaften Mythen bei der Namensfindung der Insel Pate stand.

Hiid heißt in der Übersetzung „Riese“, maa wird zu „Land“. Ergo handelt es sich bei Hiiumaa um das „Land der Riesen“ und damit um eine Bezeichnung, die angesichts des traditionell lebhaften Umgangs mit den Sagenfiguren der Region nicht passender sein könnte.

Geheimnisvolles Urlaubsziel

Zwar besagt eine weitere Theorie, dass „Hiiumaa“ ebensogut von hiis, d. h. „heiliger Hain“, abgeleitet werden kann.

Bedenkt man, dass sich verteilt über die Insel zahlreiche Kult-Stätten befinden, ist auch dies durchaus glaubhaft.

Entscheidend ist jedoch, dass sich die tiefe mythologische Verwurzelung auch hierin widerspiegelt. An ihr führt auf Hiiumaa kein Weg vorbei.

Auf der Insel vermischen sich somit ganz unterschiedliche Elemente zu einem kulturell und geschichtlich interessanten, landschaftlich wunderschönen und eben auch ein wenig geheimnisvollen Urlaubsziel.

Ambitionierte Wanderer werden sich hier genauso wohl fühlen wie Badehungrige oder Tierfreunde. Als Tagestour ist Hiiumaa schon heute sehr begehrt. Gut möglich, dass die Insel in Zukunft auch vermehrt für längere Reisen genutzt wird.

schützengraben hiiumaa
Idyll mit dunkler Vergangenheit: Hiiumaa war im 1. und 2. Weltkrieg hart umkämpft – Schützengraben auf der Halbinsel Tahkuna ganz im Norden. (Foto: Amadvr / CC BY-SA 4.0)

Geschichte und Entstehung von Hiiumaa

Hiiumaa ist wie so viele Inseln in Estland ein Kind der Post-Eiszeit-Ära – und damit noch relativ jung. Gerade einmal 8.500 Jahre ist es her, seit sich die Insel mit dem Rückzug des mächtigen Eispanzers über Nordeuropa aus der Ostsee erhob.

Um 5.500 vor Christus soll es wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge auf der Kõpu-Halbinsel weit im Westen von Hiiumaa zu ersten Besiedelungen gekommen sein. Und zwar im Zusammenhang mit Robbenjagd.

Viel, viel Später – im Mittelalter und vor allem den letzten gut 100 Jahren – wurde um Hiiumaa heftig gefochten. So geriet die militärstrategisch günstig gelegene Insel zuletzt im 2. Weltkrieg zwischen die Fronten.

Und wechselte dabei mehrfach den Besitz: 1940 kamen die Russen, 1941 die Deutschen und 1944 wieder die Russen, die Hiiumaa wie den Rest Estlands bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion einverleibten. Bis 1991 war das so.

Weiterführende Infos zur Insel Hiiumaa

  • Für Reiseinspirationen empfiehlt sich die Webseite Visitestonia.com, die sehr umfangreich über die Highlights der Insel Hiiumaa berichtet. Von selbstgebrautem Inselbier über Radtouren und Kulturelles bis hin guten Restaurants und interessanten Museen ist alles dabei – übersichtlich und natürlich mit Kontaktdaten/Adressen dargestellt. Ein Web-Besuch, der sich vor und während des Urlaubs auf Hiiumaa wirklich lohnen kann.

  • Webseite: www.visitestonia.com (deutsch)

  • Abteilung Essen und Trinken: Das Gutshaus Kõrgessaare (deutsch: “Hohenholm“) ist eine ehemalige Distillerie und gehört zu den prominentesten Restaurants auf der Insel Hiiumaa. Das Gebäude ist eine rustikale Pracht, errichtet um 1880. Bekannt ist das Gutshaus für seine reichhaltigen Buffets, bei denen man im Sommer quasi ganztägig zulangen kann. Außerdem gibt es etwa 20 Fremdenzimmer, die gebucht werden können (teils mit Gemeinschaftsdusche und –WC). Gemeinschaftlich genutzt wird auch die Sauna des Hauses.

  • Webseite: www.viinakook.com (deutsch)

Unser QUIZ zum Thema ESTLAND

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