Wunderbare Strecken an der Küste und im Landesinneren
Entspannter Urlaub: Radtouren durch Estland
Mit seinen wunderbaren Landschaften und einer insgesamt geringen Verkehrsbelastung eignet sich Estland sehr für mehrtägige Radtouren. Aktivurlaube sind ja ohnehin voll im Trend, dem verschließt sich auch das nördlichste Land im Baltikum nicht – und überzeugt dabei auch abseits schöner Strecken mit jeder Menge Radfreundlichkeit. Aber der Reihe nach…
Zunächst der psychologische Aspekt: Estland ist eine relativ kleine Nation, sodass der Begriff Rundfahrt hier selbst in der Radlerperspektive seine Berechtigung hat. Je nach Trainingszustand und Streckenwahl hat man in dem Land die Möglichkeit, innerhalb von 10 bis 14 Tagen (fast) alle Regionen abzufahren.
Das sind einerseits tolle Strecken an der Küste und auf den vorgelagerten Inseln. Das sind Stadtbesuche in Pärnu, Tallinn oder beispielsweise Tartu. Und das sind andererseits entspannte Touren am riesigen Peipsi-See im Osten des Landes oder in den hügeligen Landschaften im Landesinneren. Alles dabei, alles kompakt. Klares Plus für Estland.
Hinzu kommen die Radwege, sozusagen das Salz in der Suppe. Anders als die Vielzahl regionaler estnischer Radwege – beispielsweise durch den Lahemaa-Nationalpark – soll in diesem Artikel zunächst die unangefochtene Hauptstrecke des Landes näher beleuchtet werden: die Eurovelo-Route 10. Alles andere würde den Rahmen sprengen.
Die Eurovelo-Route entlang der estnischen Küste
Die Eurovelo-Route 10 startet im Südwesten an der lettischen Grenze und verläuft in ihrer Kurzvariante gemäß der estnischen Küste leicht sichelförmig in Richtung Nordost bzw. russische Grenze.
Die Strecke ist zwar etwas stärker befahren als kleinere estnische Routen, insgesamt bleibt es aber angenehm überschaubar. Überfüllung durch Massentourismus ist generell kein Problem, mit dem man in Estland zu kämpfen hätte. Das gilt insbesondere auch für den Radtourismus.
Ein Vorteil dieser Route ist, dass sie – quasi in ihrer Langversion – zwei sehr zu empfehlende Schlenker über die beiden Großinseln Saaramaa und Hiiumaaa beinhaltet. Ein Träumchen, das zwar einige Extratage bzw. -kilometer in Anspruch nimmt, das sich aber auch lohnt. Insgesamt ist die Eurovelo-Route auf estnischem Boden fast 700 Kilometer lang.
Im nördlichen Teil der Route kommt man dann automatisch an Tallinn vorbei. Die estnische Hauptstadt ist absolut nicht zu verfehlen und ist natürlich ein Muss, für das man sich auch als Radlergruppe mindestens ein bis zwei Übernachtungen Zeit nehmen sollte.
Die Strecke verläuft eigentlich fast immer an der Ostsee entlang. Wo man das Meer gerade mal nicht sieht, ist es auf jeden Fall immer in der Nähe. Damit dient es auch der Orientierung, falls man mal eines der Routenschilder übersehen haben sollte.
Im Grunde ist es ganz einfach: Solange sich (von Süden kommend) links von einem (irgendwo) die Ostsee befindet, ist man auf dieser Route immer goldrichtig unterwegs. Man kann sich eigentlich nicht verfahren.
Gerade rund um Tallinn sind große Teile der Radwege in einem guten Zustand und relativ frisch asphaltiert. Auch die Beschilderung ist hier gut und übersichtlich – wie eigentlich entlang der gesamten Strecke.
Man muss aber auch wissen, dass längst noch nicht alle Etappen auf separaten Radwegen gemeistert werden können. So teilen sich beispielsweise rund um die estnische Sommerhauptstadt Pärnu Autos und Räder die Straße.
Gut, dass hier und auch andernorts der Autoverkehr recht überschaubar bleibt. Ein Gefühl von Unsicherheit stellt sich auf den Landstraßen-Abschnitten der Route eigentlich nicht ein.
Und ja, der Wind kann definitiv ein Thema werden entlang der Eurovelo-Route. So kann es passieren, dass man beispielsweise auf dem leicht u-förmigen Streckenabschnitt über die Insel Saaremaa vormittags vom Gegenwind fast vom Rad geblasen wird, um nachmittags fast mühelos mit Tempo 40 zu radeln.
Praktische Tipps fürs Radeln in Estland
In Estland sind wie eingangs angedeutet auch viele regionale Radwege ausgewiesen. Diese sind mal asphaltiert, mal mit Schotter versehen oder einfache Feldwege, sodass man hier (wie übrigens auch bei den beiden zuvor beschriebenen Routen) vom Rennrad eher abraten muss.
Tourentauglichkeit sollte das Rad definitiv mitbringen, sonst leidet der Komfort. Da unterscheidet sich Estland nicht wesentlich von der Hocheifel.
Mangel an Übernachtungsmöglichkeiten ist in Estland nicht wirklich ein Problem. Häufig sind auch die regionalen Radwege so konzipiert, dass Etappenlängen und Übernachtungsinfrastruktur in einem machbaren Verhältnis zueinander stehen.
Zumal die Esten auch beim Thema Zelten ziemlich liberal sind. In den ländlichen Gebieten gibt es viele als Zelt- und Lagerfeuerplätze gekennzeichnete Übernachtungsmöglichkeiten, die man unangemeldet nutzen kann.
Spätestens in der darauf folgenden Nacht sollte es kilometermäßig dann wieder möglich sein, in ein Hotel oder ein Gasthaus einzuchecken – wenn man denn will.
Weiterführende Informationen zum Thema Radfahren in Estland:
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Radeln im Landesinneren: Es gibt neben der maritimen Eurovelo-Route natürlich auch Radstrecken, die eher zentral durch Estland verlaufen. Und die ihre ganz eigenen landschaftlichen und kulturellen Reize haben.
Zwei davon werden auf der Seite Visitestonia.com – dem offiziellen und sehr geschätzten Tourismusportal des Landes – thematisch zumindest angekratzt und mit weiterführenden Links versehen. Einfach mal reinschauen zur Reiseplanung.
Webseite: www.visitestonia.com
Kartenmaterial: Auch wenn digitale Signale aufs Handy und Rad-Navis mehr und mehr das Ruder übernehmen, hat die gute, alte, analoge Radkarte längst nicht ausgedient. Sie ist zudem störungsfrei, weshalb man den Faltplan zumindest als Backup im Gepäck haben sollte.
Das einfach als Tipp aus selbst gemachter Erfahrung. Karten aus Estland und dem gesamten Baltikum finden sich in einem Online-Shop namens Balticcycle.com, auf den wir an dieser Stelle gerne verweisen wollen.
Webseite: www.balticcycle.eu
sh
Guter Tipp, aber leider herrscht ja bis auf Weiteres ein Einreiseverbot nach Estland, wenn man keine Aufenthaltsgenehmigung nachweisen kann. Hoffen wir, dass die Corona-Maßnahmen im Juni gelockert werden!