Schulkinder sollen nicht getestet werden
Lehrer in England werden angewiesen, die Corona-App in der Schule auszuschalten
Es gibt keine Schulpflicht in Großbritannien. Lediglich Unterrichtpflicht. Es gibt in fast allen Städten eine große Homeschooling-Gemeinde. Jedoch dürfen die Kinder dazu an keiner Schule angemeldet sein. Haben sie einen Platz an einer Schule, wird es mit der Anwesenheit sehr ernst genommen.
Schüler bekommen Auszeichnungen, wenn sie „perfekte Anwesenheit“ vorweisen können, was schon vor Corona in viel diskutiert wurde und mitunter kritisiert wird, da es Schüler dazu ermutigt, krank in der Schule zu erscheinen.
Eltern müssen außerdem Strafgelder zahlen, wenn ihre Kinder zu viele Tage in der Schule verpassen oder „unentschuldigt“ vom Unterricht fehlen. Eine „autorisierte Abwesenheit“ wird benötigt, welche, außer bei Krankheit schwer zu bekommen ist.
Das ganze System ist fragwürdig. Dieses Jahr hat es dazu geführt, dass besorgte Eltern, viele mit gesundheitlichen Vorbelastungen, Strafgelder zahlen mussten, die ihre Kinder in einer Pandemie nicht zur Schule schickten. £120 alle zehn Tage, die das Kind von der Schule fehlt. Melden die Erziehungsberechtigten das Kind komplett von der Schule ab („deregistrieren“), entfallen diese Kosten.
Dann verliert das Kind jedoch seinen Platz an der Schule und muss auch nach der Pandemie weiterhin zu Hause unterrichtet werden. Es geht den Schulen also hauptsächlich darum, wie es „auf dem Papier“ aussieht. Bei der Ofsted Inspektion, der alle Schulen in England regelmäßig unterliegen, wird eine Schule auch nach Anwesenheit ihrer Schüler bewertet.
Bezüglich Corona wurde immer laut verkündet, dass die psychische Gesundheit der Kinder so wichtig sei. Kindern geht es besser, wenn sie mit anderen Kindern zusammen sind, also in der Schule. Dieses Schwarz-Weiß-Denken berücksichtigt nicht, wie sich Kinder fühlen, wenn sie die Krankheit nach Hause schleppen und ihre Eltern daran schwer erkranken oder vielleicht sogar sterben.
Die BBC berichtete auch von Kindern, die an den Langzeitfolgen von Covid leiden. Zwar scheint die Todesrate von Kindern durch Covid tatsächlich sehr gering zu sein, und auch die Zahl derjenigen, die schwer erkranken. Allerdings zeichnet sich nun ab, dass einige Kinder an Langzeitfolgen leiden, auch bei anfangs milder Krankheit. Kinder haben monatelang Bauchschmerzen oder fühlen sich schlapp. Einige haben Atemnot. Wie auch bei Erwachsenen wissen wir momentan sehr wenig über „long covid“.
Wie hoch jedoch die Coronavirus-Rate bei Kindern in englischen Schulen ist, das wissen wir nicht.
In England passiert gerade folgendes, was ich sowohl von Lehrkräften erfahren, als auch aus dem Guardian und anderen Medien gelesen habe:
Um die Unterrichtsausfälle und Störungen durch das Coronavirus zu reduzieren, wurden Lehrkräfte angewiesen, ihre Covid-Warn-App während des Unterrichts auszuschalten bzw. ihre Smartphones in Schließfächern aufzubewahren.
Versucht man in England einen Covid-Test für sein Kind zu buchen, wird man gefragt, ob das Kind in einer Schule („educational setting“) war. Lautet die Antwort „ja“, wird einem gesagt, dass keine Tests zur Verfügung stünden. Wird „nein“ angegeben, gibt es plötzlich Tests.
Das Gleiche ist auch Lehrkräften passiert, die versucht haben, einen Test zu buchen. Die wahre Zahl der Infizierten an Schulen kann daher nicht annährend erfasst werden. Dieses Vertuschen der Wirklichkeit hilft wohl niemandem weiter. Es gibt keine Maskenpflicht in Klassenzimmern und Politiker tun so, als seien die Schulen sicher. Was das für Auswirkungen haben wird, bleibt abzuwarten.
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Pia Kurtsiefer
Über die Autorin Vor über 14 Jahren zog Pia Kurtsiefer aus dem Rheinland nach London, um als Lehrerin in einer Schule für autistische Kinder zu arbeiten. Heute lebt sie mit Kind und walisischem Mann in Hertfordshire. Für NORDISCH.info schreibt sie die Serie „Briefe aus England“. |