Jüdisches Kaschrut-Ernährungsgebot
England: freigelegte Latrine aus dem 12. Jahrhundert enthält eindeutig koschere Ernährungshinweise
Einem Team von Wissenschaftlern der University of Bristol ist es zusammen mit Archäologen aus Oxford gelungen, in einer frühmittelalterlichen Latrine Hinweise auf das praktizierte jüdische Ernährungsgebot Kaschrut zu finden. Erstmals auf britischem Boden.
Die auf der Tora basierende Speisenorm diente ursprünglich rein religiösen Zwecken (rituelle Reinheit), könnte heute aber wegen ihrer gesundheitlich präventiven Eigenschaften auch als eine Art Diät bezeichnet werden – rein ernährungswissenschaftlich betrachtet.
Bereits zu Beginn der Neuzeit war dann der gesundheitsförderliche Nebeneffekt der jüdischen Ernährungsweise zumindest in Ansätzen bekanntgeworden, auf den auch die Universität Bristol in einer aktuellen Mitteilung eingeht.
„Die Einhaltung der koscheren Speisegesetze ist eine der ältesten bekannten Ernährungsweisen der Welt. Für viele Juden ist die Einhaltung der Kaschrut ein grundlegender Teil des täglichen Lebens“, heißt es dort.
Fundort der Ernährungshinweise war ein ehemaliges Wohnhaus in St. Aldates, dem jüdischen Viertel Oxfords, das im zwölften Jahrhundert gegründet worden ist. Wilhelm der Eroberer hatte Familien jüdischen Glaubens aus Nordfrankreich damals dazu eingeladen, sich in England niederzulassen.
Während der Ausgrabungen stießen die Archäologen auf eine steinerne Struktur im Boden, die kurz später als Latrine identifiziert werden konnte. In ihr wurde eine „bemerkenswerte Ansammlung“ von Geflügel- und Fischknochen festgestellt, schreibt die Universität Bristol.
Schweineknochen fehlten hingegen völlig, was die Forscher als eindeutigen Hinweis für die koschere Ernährungsweise in dem ehemaligen Wohnhaus ansehen.
Daneben konnten Keramikfragmente geborgen werden, denen ebenfalls Hinweise auf den Kaschrut anhafteten. Festgestellt werden konnte dies mithilfe eines zugleich chemischen und isotopischen Analyseansatzes.
Der Untersuchung zufolge dürften die Keramikgefäße ausschließlich der Zubereitung und Aufbewahrung von Rinder-, Schafs- und Ziegenfleisch gedient haben. Hinweise auf Schwein? Auch hier Fehlanzeige.
Dr. Julie Dunne von University of Bristol dazu: „Wir haben es hier mit einem bemerkenswerten Beispiel dafür zu tun, wie sich biomolekulare Information aus mittelalterlicher Keramik extrahieren lässt.“
Dies ermögliche im vorliegenden Fall „einzigartige Einblicke“ in etwa 800 Jahre alte Ernährungspraktiken, die in der jüdischen Gemeinde bis heute eine große Rolle spielen.
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