Besuchertipp der speziellen Art
England: Die West Norwood-Katakomben in London – schaurig-schöner Ort des Gedenkens
Im Londoner Süden gibt es einen atemberaubenden Ort, der es normalerweise nicht in die Fremdenführer dieser Welt schafft. Liegen dürfte das am Thema des Ortes, dem Tod nämlich, über dessen touristischen Mehrwert man eigentlich kein Wort verlieren muss. Denn es gibt ihn nicht, normalerweise.
Etwas anders liegen die Dinge beim West Norwood-Friedhof im gleichnamigen Stadtteil Londons, da dessen unterirdische Grabgänge – die Katakomben – Besuchern etwas ziemlich Einzigartiges zu bieten haben – einen schaurig-schönen Blick über die Schultern des Todes, wenn man so will.
Mit ziemlicher Sicherheit sind die Katakomben eine der speziellsten Attraktionen, die auf der gesamten britischen Insel zu finden sind. Im Kern handelt es sich dabei um eine Verästelung unterirdischer Grabgewölbe, die eine Etage tiefer als der Hauptfriedhof angelegt wurden.
Und zwar aus Platzgründen, da zahlreichen Londoner Friedhöfen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Überfüllung drohte. Dazu muss man wissen, dass in dieser Zeit die Bevölkerungszahl der englischen Metropole immens angewachsen ist. Von rund einer Million um 1800 auf bereits 2,6 Millionen im Jahr 1850. Zu viel für die etablierten Friedhöfe.
Entworfen wurde der West Norwood-Friedhof von dem bedeutenden englischen Architekten Sir William Tite, der dem Gedenkort einen für diese Zeit untypischen Touch Gotik verlieh. Seine bischöfliche Weihe erhielt der Komplex schließlich am 7. Dezember 1837, unmittelbar vor den ersten Bestattungen.
Angelegt wurden die Katakomben unter der anglikanischen Kapelle des Friedhofs. Sie erstrecken sich über insgesamt sechs gewölbte Gänge, die beidseitig mit einer Reihe von Erkern ausgestattet sind. Bis zu 3500 Särge sollten hier laut Heritage Daily nach der Beisetzung aufbewahrt werden, teils im gusseisern verschlossenen Einzelgrab, teils im Dutzend in offenen Kammern.
Während des 2. Weltkriegs wurde die Totenruhe durch eine deutsche Fliegerbombe gestört, die direkt über den Katakomben einschlug, den Komplex aber glücklicherweise nicht zu zerstören vermochte. Seit dem Jahr 2000 finden auf dem Friedhof keine Begräbnisse mehr statt.
Um das kulturelle Erbe der Anlage kümmern sich heute die Friends of West Norwood Cemetery, die (in Normalzeiten) auch Führungen anbieten. Für gewöhnlich an jedem ersten Sonntag im Monat, wobei zur Sommerzeit auch Spezialführungen dabei sind.
Die Dauer der Touren beträgt etwa anderthalb Stunden. Einfach mal nachfragen, wenn Interesse besteht. Hier die Kontaktdaten: www.fownc.org
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