Die fünfte Kolumne
Das englische Märchen des Balls, des Bieres, des Bootes und des bankrotten Boris
Ist es wirklich schon vorbei? Noch vor kurzer Zeit hatten wir uns in vollem Lockdown befunden, und jetzt, hier in England, ist es plötzlich Frühling, wir gehen aus, trinken, essen und zu Konzerten … also zu EINEM Konzert aber ein Konzert, voll mit wahrscheinlich ansteckenden Jugendlichen, gilt das als der offizielle Start unserer Besserung?
Wir haben den Impfstoff nicht nur erfunden, sondern auch die ganze Menge unter unserem Bett versteckt, und es sieht so aus, als ob wir alle bis zum Sommer geimpft sein werden. Und du hast uns für nutzlos, unmoralisch und nicht vertrauenswürdig nach dem Brexit gehalten! Lies weiter …
Nach fast … ähm … vier Monat (waren es wirklich nicht drei Jahre, wie es sich fühlt?) unter Ausgangsbeschränkungen waren die Engländer reif für ein Bier. Am 12. April war es endlich erlaubt, sich bei Wind und Regen draußen zu treffen und sehr, sehr viel sehr, sehr schnell zu trinken. Es ist der englische Weg! Also am 11. April waren die Schlangen vor den Kneipen zu sehen und um Mitternacht wurden die Türen nach dieser schmerzhaften Zeit wieder geöffnet! Was als nächstes passieren wird, ist uns allen völlig egal, weil wir alle ständig besoffen sind. Eine gute Zeit einzumarschieren, Europa! Nur sag uns bitte nicht, dass das Bier je zu Ende gehen wird …
Ehrlich gesagt warten die Engländer jetzt auf die Gelegenheit, Urlaub zu machen. Falls die Fähren in diesem Sommer den Ärmelkanal kreuzen, werden wir an Bord träumen und uns vorstellen, wie es auf dem luxuriösen Deck der neuen königlichen Yacht sein könnte.
Ja, vielleicht muss die königliche Familie nicht auf die Wiedereröffnung der Easyjet-Flüge warten, weil WIR (ja, das sind wir, hier unten) ein neues Boot für sie kaufen wollen … ähm … nicht wollen, sondern müssen. Angeblich versinken wir in einem Schuldenloch, deswegen können wir unseren Krankenschwestern keinen besseren Lohn zahlen, aber £200 Millionen für ein Kreuzfahrtschiff für die berühmtesten Unterstützungsgeldempfänger der Welt? Kein Problem! Das ist für uns bloß Kleingeld.
Da wir Bier haben, stolz auf unsere weitgereiste, wasserdichte königliche Familie, und durchgeimpft sind, haben wir fast keine Sorgen. Aber wenn du unseren Füßball störst, dann werden wir echt WÜTEND! Wegen Korruption und Diebstahls unseres Geldes von offizieller Seite nicht so wütend, aber Füßballstörung – wütend!
So war es, als die Gründung einer „European Super League“ angekündigt wurde, dann 24 Stunden später abgesagt – in England gab es „die schmutzigen Sechs“, Manchester United, Manchester City, Liverpool, Chelsea, Arsenal und Tottenham Hotspur. Diese Teams wollten aus dem UEFA-System ausscheiden und eine Liga gründen, aus der kein Team absteigen konnte – nicht fair!
Letzes Wochenende protestierten Manchester United-Fans gegen die geldgierigen amerikanischen Besitzer des Clubs so hart vor dem Spiel gegen Liverpool, dass das Spiel abgesagt wurde. Sie sind ins Stadion eingebrochen und die Abreise der Teams aus dem Hotel blockiert. Das Bier hier muss stärker als vor der Pandemie gewesen sein, wenn die Engländer schon aufwachen, auf die Straßen gehen und an echte Veränderung und eine saubere Zukunft glauben! Beginnen wir mit dem Fußball, dann wird sich unser Blick auf die richten, die die echte Macht haben! Wenn wir die nur finden könnten, die die echte Macht haben.
Es fällt uns allen ein, dass Macht nicht Geld meint. Unser armer Premierminister, der so aussieht, als ob er seit Jahren sich keinen neuen Anzug gekauft hat (sag nichts über den Haarschnitt), ist pleite. Er kann sich einfach nichts leisten! Die Renovierung der Wohnung irgendwo in der Tiefe der 10 Downing Street, in der er und seine Partnerin, Carrie, mit ihrem Baby wohnt, ist vollbracht, aber jetzt stellt sich die Frage – wer hat dafür bezahlt?
Der Verdacht liegt nahe, dass ein Spender der Konservativen Partei dafür bezahlt hat. Boris Johnson hat uns keine klare Antwort auf diese Frage gegeben. Es wäre ein Unrecht, das Geld von dem Spender anzunehmen und es in seiner öffentlichen Spendenerklärung nicht zu erwähnen. Ein Grund für seinen Rücktritt, wenn die Vermutung richtig ist. Mehr noch, es gibt Medienberichte, die besagen, dass Boris Johnson die Spender der Konservativen gebeten habe, die Kinderbetreuung seines Babys zu bezahlen. Er escheint so arm, dass wir für ihn weinen könnten.
Ende eines positiven Monats für das biertrinkende englische Volk und die seefahrende königliche Familie. Aber ein negativer für Fußball und das Bankkonto des Premierministers. Was sollen wir Boris Johnson und Fußballvereinbesitzern raten, wie sie ihr Leben aus dem brennenden Haus retten können? Einfach eine Kneipe öffnen, ihr Dummköpfe. Es liegt Geld darin.
Rob Allen
QUIZ
NOCH BESSERES QUIZ
Über den Autor Rob Allen ist ein freier Journalist und PR-Experte aus dem Norden Englands. Er schreibt u.a. für The Guardian, News of the World und Manchester Evening News. Nun schreibt er auch auf Deutsch für NORDISCH.info. – Auf Twitter unter @northernrob zu finden. |