Umstrittenes Bauvorhaben
England: Streit um geplanten Tunnel unter Stonehenge geht in die letzte Runde
Noch vor wenigen Tagen versammelten sich einige hundert Menschen in Stonehenge, um die Sommersonnenwende zu feiern. Wie berichtet wird, war es rund um Englands Kultstätte Nummer 1 ruhiger und andächtiger als sonst. So richtig los will und will die Insel Corona schließlich nicht werden. Die nächste Runde im Ringen mit dem Virus: längst eröffnet.
Darstellungen/Fotos: Highways England (www.highwaysengland.co.uk)
Da passt ins Bild, dass auch Stonehenge seit geraumer Zeit nicht recht zur Ruhe kommt, was jedoch nicht an Corona, sondern an etwas ganz anderem liegt. Einem hoch umstrittenen Bauvorhaben.
Stein des Anstoßes ist ein geplanter Tunnel, der ziemlich direkt unter dem 5.000 Jahre alten Steinkreis hindurchführen soll. Und zwar mit dem zunächst plausiblen Ziel, das ziemlich monströse Verkehrsaufkommen auf der A303 zu bändigen, die nur einen Steinwurf neben dem Monument liegt.
Die vorgesehene Verkehrsberuhigung ist allerdings kein Argument, das bei Kritikern des Bauwerks verfängt. Im Gegenteil. Stattdessen gehe die Angst um die Zukunft von Stonehenge um, schreibt dazu ganz aktuell die BBC.
Wobei Angst tatsächlich nur eine der Emotionen zu sein scheint, um die es in dieser Angelegenheit inzwischen geht. Denn seit im Januar das wichtige Kabinett des Wiltshire Council das Projekt formell bewilligt hat, herrschen aufseiten der Gegner vor allem Groll und Verbitterung.
Ihre vermeintlich letzte Patrone im Colt gegen den Bau: Eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof Englands, deren Schiedsspruch nun auf beiden Seiten mit einer Mischung aus Hoffen und Bangen herbeigesehnt wird.
Doch worum geht es genau bei dem Tunnelprojekt, an dem sich die Geister derart scheiden? Stonehenge steht im Zentrum eines etwa 1,7 Milliarden Pfund schweren Infrastrukturprojektes, das den Verkehrsfluss an einem Nadelöhr in der Grafschaft Wiltshire, der A303, deutlich verbessern soll.
Hier gibt es einen rund 13 Kilometer langen Abschnitt zwischen Amesbury und Berwick Down, über den täglich mehr als das Doppelte der eigentlichen Nutzlast rollt. Das liegt längst nicht nur an Stonehenge, sondern primär am Knotenpunkt-Charakter der Trasse, die beispielsweise von London aus eine Hauptverbindung in den Südwesten Englands darstellt.
Kernbestandteil der Planungen ist ein 3,2 Kilometer langer Tunnel, der auf Höhe von Stonehenge in die Landschaft gegraben werden soll. Eigentlich zum Vorteil des Monuments, sagen die Planer, da so Teile der bestehenden Verkehrsinfrastruktur in Rad- und Wanderwege umgewandelt werden können. Mit dem Verkehrslärm rund um Stonehenge wäre es dann weitestgehend vorbei, so die Argumentation.
Die Aktivisten halten dagegen, die aufwendigen Arbeiten im Untergrund könnten einen schädlichen Einfluss auf das Weltkulturerbe haben. Von Verwüstung ist die Rede und skandalöser Geschichtsvergessenheit. Dass Stonehenge die Menschen emotionalisiert, ist angesichts der enormen kulturellen Bedeutung des Steinkreises nicht weiter verwunderlich.
Nun ist es aber erstmal am höchsten Gericht, bei seiner Entscheidung einen kühlen Kopf zu bewahren. Sollte der Bau bewilligt werden, würde es voraussichtlich schon 2023 losgehen mit den Arbeiten. Die Fertigstellung des Tunnels ist dann noch vor 2030 geplant.
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sh