Zwischenzeitlicher Rauswurf schlägt hohe Wellen
„The Voice of Finland“: Zwei finnisch-russische Kandidatinnen dürften wieder teilnehmen, aber
Die Verantwortlichen des Gesangswettbewerbs „The Voice of Finland“ haben ihre Entscheidung zurückgenommen, zwei Teilnehmerinnen mit finnisch-russischer Staatsbürgerschaft von dem Format auszuschließen.
Es habe sich dabei um einen Fehler gehandelt, teilten die Produzenten der populären Sendung mit. „Wir entschuldigen uns dafür und möchten den Fehler korrigieren“, heißt es in einem Statement. Jedoch, ganz so einfach sind die Dinge nicht. Und vor allem: Wie konnte es so weit kommen?
Der Reihe nach: Eine der Teilnehmerinnen der diesjährigen Staffel zog vor sieben Jahren von Sankt Petersburg nach Finnland, um sich eine Gesangskarriere aufzubauen. 2022 erhielt sie die finnische Staatsbürgerschaft und qualifizierte sich tatsächlich für The Voice of Finland.
Wer das Format mag, wird nachempfinden können, was die Nachricht von der Teilnahme für Maria, wie Yle.fi sie unter falschem Namen nennt, wohl bedeutet hat. Endlich die Riesenchance, sich vor Publikum zu beweisen.
Was dann kam, ist leider alles andere als das erhoffte Ruhmesblatt geworden – vor allem für die Sendung selbst. Denn nicht nur Marias Gesangspläne wurden jäh gestoppt, auch die Macher von „The Voice“ stehen nun heftig unter Beschuss. Der Vorwurf an sie: Diskriminierung.
Am Anfang stand die Textnachricht, die eigentlich alles beenden sollte
Angefangen hat alles mit einer Textnachricht, die Maria im Vorfeld einer Sendung von den Produzenten erhielt. Darin enthalten die Mitteilung, man habe sie kurzerhand von dem Format ausschließen müssen.
„Wir sind eine nicht-politische Unterhaltungssendung und müssen dies auch bleiben. Die Teilnehmerin ist Bürgerin eines Landes, das einen Angriffskrieg führt. Sie selbst verhält sich zwar tadellos, aber die Diskussion um ihre Person würde die Sendung politisieren. Das können wir leider nicht zulassen“, hieß es grob im Wortlaut, der Maria wie ein Schlag vorgekommen sein muss.
Nun ist nicht genau überliefert, wie genau die finnische Presse von der Sache Wind bekommen hat. Dass sie hat, steht allerdings fest, da scheinbar erst Recherchen und Druck aus dem geschätzten Haus Yle.fi die Produzenten von ihrem dicken Bock überzeugen konnten.
„Wir haben verstanden, dass die Entscheidung falsch war – und dass sie sofort rückgängig gemacht werden musste. Wir haben zwei Tage lang nachgedacht, wie wir es machen können“, so ein Statement von Pete Paavolainen, CEO der Produktionsfirma ITV.
„Wir verpflichten uns, alle Menschen gleich zu behandeln. Die außergewöhnliche Weltlage bringt jedoch Perspektiven für die Gesellschaft und die Unterhaltung mit sich, die wir so noch nicht erlebt haben“, so Paavolainen weiter.
Man ahnt, dass die Anwälte bei solchen Schreiben längst mit am Tisch sitzen. Und außerdem ahnt man, dass die Sache für „The Voice of Finland“ längst zu dem geworden ist, was man eigentlich mit dem Ausschluss vermeiden wollte: zu einem Politikum. Und zum potenziellen Schleudersitz.
So hat ein Mitglied aus dem Produzententeam inzwischen gekündigt. Sie selbst, Lotta Stenroos, hat mitgeteilt, es sei ihr unmöglich gewesen, den Ausschluss mitzutragen. „Ich bin aufgrund des Wertekonflikts, der durch den Vorfall entstanden ist, nicht mehr bei dem Format beschäftigt.
Ich konnte nicht hinter der Entscheidung stehen und hielt es daher für das Beste zu kündigen“, so Stenroos. Eine Entscheidung von Gewicht, natürlich. Aber noch nicht der perfekte Sturm, der dann aber in Form einer weiteren Ankündigung folgte.
Maria selbst hat sich nämlich auch zu Wort gemeldet und die Welt wissen lassen, dass sie unter keinen Umständen zu „The Voice of Finland“ zurückkehren werde. „Als ich einen finnischen Pass bekam, dachte ich, dass ich nun eine zweite Heimat hätte“, sagte sie im Gespräch mit Yle.fi.
„Nach dem 24. Februar habe ich sowohl mein Heimatland als auch mich selbst verloren. Ich glaube, vielen anderen Russen geht es genauso. Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich in Russland genauso wenig zu Hause bin wie in Finnland“, so Maria weiter.
Wie viele andere russischsprachige Menschen, die in Finnland leben, habe auch sie an Demonstrationen gegen den Krieg teilgenommen – und das Regime Putins unmissverständlich verurteilt.
„Ich kann jetzt an politischen Wahlen teilnehmen. Aber ich kann nicht in einer finnischen Unterhaltungssendung singen? Das hat mich seelisch zerstört“, schildert Maria den persönlichen Effekt des Ausschlusses.
Daher sei es ihr unmöglich, wieder einzusteigen. „Nach all den Demütigungen und dem Stress, den ich erlebt habe, würde ich mich in der Nähe dieser Leute einfach nicht mehr gutfühlen“, begründet sie ihren Schritt. Es heißt, die zweite Betroffene denke noch über eine Rückkehr nach.