Nummer 3 in 7 Wochen
Großbritannien: Nachfolger gefunden – Rishi Sunak ist neuer Premierminister (inkl. Antrittsrede)
Großbritannien hat einen neuen Premierminister. Glückwunsch! Er heißt Rishi Sunak, ist 42 Jahre alt, gläubiger Hindu und unfassbar reich. So ungefähr lauten die Eckpunkte, auf die der Frischgebackene in nahezu allen Berichten verdichtet wird, die heute über ihn zu lesen sind.
(BBC-Video: Auszug Antrittsrede Rishi Sunak)
Weiter geht es dann in etwa so: Jünger war über 200 Jahre kein britischer Premier, reicher noch nie einer und Hindu schon gar nicht – womit direkt mal klar ist, in welcher Ecke Sunak zum Start seiner Amtszeit steht. In der des gepflegten Polit-Sonderlings, ein bisschen wie früher mal zu Guttenberg.
Interessanterweise hat Sunak sein Reichtum, er soll mehr auf dem Konto haben als der König, vor Wochen noch geschadet, als er gegen seine etwas spröde daherkommende Amtsvorgängerin Liz Truss antrat – und unterlag.
Ein gewisses Defizit an Bürgernähe witterten die Blätter, wenn es um Sunaks Immobilien im In- und Ausland und seine teuren Maßanzüge ging. Oder auch um gewisse Steuerprivilegien seiner Frau, die als Tochter eines indischen Stahlmagnaten wiederum selbst fulminant reich ist.
Die Wette, dass Sunak der Generalverdacht der mangelnden Nahbarkeit im Amt erhalten bleibt, sollte man also ruhig eingehen. Vorausgesetzt, seine Politik ist erfolgreich, wird er damit auch einigermaßen gut leben können.
Wenn aber nicht, was für ganz normale Briten gleichbedeutend mit weiterem Wohlstandsverlust sein dürfte, wird Sunak von einem Teil der kunterbunten Presselandschaft auf der Insel an seinem eigenen Kontostand gemessen werden. Dann hat er verloren, auch die Wette sollte man eingehen.
Fürs Erste aber ist Sunak im Amt gelandet. Und hat bei seiner Antrittsrede vor 10 Downing Street gleich mal durchblicken lassen, worum es ihm vor allem geht: um „ökonomische Stabilität und Vertrauen“.
Zunächst aber blicke das Vereinigte Königreich in eine „tiefgreifende Wirtschaftskrise“, sagte Sunak, der es sich als ehemaliger Analyst bei Goldman Sachs natürlich nicht wird leisten können, bei den Zahlen Schwächen zu zeigen. Dann schon eher bei der Bürgernähe.
Und Liz Truss? Er sei auch deshalb als neuer Tory-Chef und Premier ausgewählt worden, um einige der Fehler seiner Vorgängerin zu korrigieren. „Vertrauen muss man sich verdienen, und ich werde mir Ihr Vertrauen verdienen“, so seine selbstbewusst ans Volk gewandten Worte.
Wenn sonst nichts passiert, hat Sunak nun gut zwei Jahre Zeit, sich für eine neue Amtszeit zu empfehlen. Dann aber, bei den nächsten Wahlen, wird er nicht mehr nur parteiintern, sondern auch beim einfachen Wahlvolk punkten müssen. Beim Ömchen aus Bristol und beim Maurer aus York. Als Superreicher. Spannend.
Die Antrittsrede von Rishi Sunak im Wortlaut
„Guten Morgen. Ich war gerade im Buckingham Palace und habe die Einladung Seiner Majestät des Königs angenommen, in seinem Namen eine Regierung zu bilden. Lassen Sie mich nun erklären, warum ich hier als Ihr neuer Premierminister stehe.
Unser Land befindet sich derzeit in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Nachwirkungen von Covid sind noch nicht überwunden. Putins Krieg in der Ukraine hat die Energiemärkte und die Versorgungsketten in der ganzen Welt destabilisiert.
Ich möchte meiner Vorgängerin Liz Truss meine Anerkennung aussprechen. Sie hatte nicht Unrecht, wenn sie das Wachstum in diesem Land verbessern wollte. Es ist ein nobles Ziel, und ich bewundere ihre Unruhe, Veränderungen zu schaffen.
Aber es wurden einige Fehler gemacht, die nicht auf bösem Willen oder schlechten Absichten beruhten – ganz im Gegenteil. Aber dennoch wurden Fehler gemacht, und ich bin auch deshalb zum Vorsitzenden meiner Partei und zu Ihrem Premierminister gewählt worden, um diese zu korrigieren.
Und diese Arbeit beginnt sofort. Ich werde wirtschaftliche Stabilität und Vertrauen in den Mittelpunkt der Agenda dieser Regierung stellen. Das wird schwierige Entscheidungen mit sich bringen.
Aber Sie haben gesehen, wie ich während der Covid-Regierung alles getan habe, um die Menschen und die Unternehmen mit Maßnahmen zu schützen. Natürlich gibt es dabei Grenzen – heute mehr denn je.
Aber ich verspreche Ihnen, dass ich die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, mit demselben Spirit angehen werde. Die von mir geführte Regierung wird der nächsten Generation – Ihren Kindern und Enkeln – keine Schulden hinterlassen, zu deren Begleichung wir selbst zu schwach waren.
Ich werde unser Land vereinen – nicht mit Worten, sondern mit Taten. Ich werde tagein, tagaus arbeiten, um für Sie etwas zu erreichen. Diese Regierung wird Integrität, Professionalität und Rechenschaftspflicht auf allen Ebenen haben.
Vertrauen muss man sich verdienen, und ich werde mir das Ihre verdienen. Ich werde Boris Johnson für seine unglaublichen Leistungen als Premierminister immer dankbar sein, und ich schätze seine Herzlichkeit und Großzügigkeit.
Und ich weiß, dass er mir zustimmen würde, dass das Mandat, das meine Partei 2019 errungen hat, nicht das alleinige Eigentum einer einzelnen Person ist. Es ist ein Mandat, das uns allen gehört und uns vereint.
Und das Herzstück dieses Mandats ist unser Manifest. Ich werde dieses Versprechen einlösen. Ein stärkeres Gesundheitssystem, bessere Schulen, sicherere Straßen, Kontrolle unserer Grenzen, Schutz unserer Umwelt, Unterstützung unserer Streitkräfte, Angleichung und Aufbau einer Wirtschaft, die die Chancen des Brexits nutzt, in der Unternehmen investieren, innovativ sind und Arbeitsplätze schaffen.
Ich verstehe, wie schwierig dieser Moment ist, nach den Milliarden von Pfund, die uns die Bekämpfung von Covid gekostet hat, nach all den Verwerfungen, die das verursacht hat, inmitten eines schrecklichen Krieges, der erfolgreich zu Ende geführt werden muss.
Ich weiß sehr wohl, wie schwierig die Dinge sind. Und ich verstehe, dass ich daran arbeiten muss, das Vertrauen nach all dem, was geschehen ist, wiederherzustellen. Ich kann nur sagen, dass ich mich nicht entmutigen lasse.
Ich kenne das hohe Amt, das ich angenommen habe, und ich hoffe, dass ich seinen Anforderungen gerecht werden kann. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, zu dienen, kann man den Moment nicht in Frage stellen, sondern nur seine Bereitschaft.
Ich stehe also hier vor Ihnen, bereit, unser Land in die Zukunft zu führen, Ihre Bedürfnisse über die Politik zu stellen, die Hand auszustrecken und eine Regierung zu bilden, die die besten Traditionen meiner Partei repräsentiert.
Gemeinsam können wir unglaubliche Dinge erreichen. Wir werden eine Zukunft schaffen, die der Opfer, die so viele gebracht haben, würdig ist, und den morgigen Tag und jeden Tag danach mit Hoffnung erfüllen. Ich danke Ihnen.“