„Ein römischer Kaiser schaute mir direkt ins Gesicht“
Dänemark: Nationalmuseum adelt Funde von Hobby-Archäologen
Die Ausstellung „Suche nach der dänischen Vergangenheit“ kommt einem Ritterschlag für all jene gleich, die in ihrer Freizeit mit viel Hingabe nach archäologischen Schätzen suchen. Auf Äckern, in Wälder, meist unterstützt durch Metalldetektoren.
Bildergalerie zum schon jetzt legendären Goldfund, der Ole Ginnerup Schytz 2021 auf einem Acker geglückt ist. (Fotos: Vejlemuseerne / www.vejlemuseerne.dk)
Dänemark tickt hier anders, weil archäologische Laiensuche nicht verboten, sondern im Grunde total erwünscht ist. Schon seit 1241 gibt es ein Gesetz, wonach Schatzfunde dem König übergeben werden müssen.
Also ursprünglich, da heute alles, was von Wert sein könnte, über die lokalen Museen nicht beim König, sondern beim Nationalmuseum landet. Denn der Schatz gehört uns allen, lautet das Motto. Und edle Finder erhalten eine angemessene Belohnung.
„Es sind ganz normale Menschen, die einige der bedeutendsten Gegenstände, die wir im Nationalmuseum haben, abgegeben haben. Auf diese Weise haben Laien im Laufe der Jahrhunderte zusammen mit Archäologen, Historikern und anderen dieses Museum geschaffen“, sagte Direktor Rane Willerslev am 4. Februar bei der Ausstellungseröffnung.
Und in der Tat, immer wieder sind eingesandte Gegenstände derart außergewöhnlich, dass sie zu Schatzfunden erklärt werden. So war es auch bei Ole Ginnerup Schytz, der 2021 zusammen mit Jørgen Antonsen auf einem Feld in Vindelev einen Goldschatz gefunden hat.
„Ich war praktisch zum ersten Mal auf dem Feld. Plötzlich, nach einer halben Stunde, gab es ein klares Signal des Metalldetektors. Also grub ich – und aus dem Boden ragte auf einmal ein gelbes Ding, das mit Schlamm bedeckt war“, schilderte Schytz den Moment.
Und weiter: „In einem Erdklumpen in meiner Hand befand sich ein römischer Kaiser, der mir direkt ins Gesicht schaute. Also machte ich mit der Metallsuche weiter und hatte nach einer halben Stunde mehrere Goldstücke gefunden.“
„Unsere Vorstellung von der Entstehung dieses Landes erhält ständig neue Facetten“
Auch die Kuriositäten reichen weit zurück: So soll die Klöpplerin Kirsten Svendsdatter im Jahr 1639 mehr oder weniger über eines der Goldenen Hörner aus der Zeit um 400 nach Christus gestolpert sein, die heute zu den wichtigsten Funden der dänischen Vorgeschichte gehören.
Die Goldenen Hörner von Gallehus waren mit nordischen und römischen Motiven beschriftet, bevor sie 1802 gestohlen und eingeschmolzen wurden. Aber das Nationalmuseum besitzt zwei Repliken in seiner Sammlung, was den Verlust erträglich macht.
Oder Bauer Frederik Willumsen, der 1902 durch Zufall einen Sonnenwagen auf seinem Feld fand und durch das Relikt aus der Zeit um 1400 vor Christus selbst Teil der Geschichte Dänemarks wurde. Daher auch sieht man es hier als wichtig an, Laien bei ihrer ganz privaten Schatzsuche zu unterstützen.
Denn was nicht gefunden wird, droht, für immer verloren zu gehen, zu verrotten oder beim Ackerbau durch schweres Gerät zerstört zu werden. Entsprechend groß ist die Menge an Gegenständen, die Jahr für Jahr bei Kuratorin Line Bjerg zur Begutachtung auf dem Tisch landet.
„Die Zahl der Objekte, die für die Weiterbearbeitung bestimmt wird, steigt seit einigen Jahren an. Eigentlich ist es schwierig, mit all den neuen Funden Schritt zu halten“, sagt sie. Aber es lohne sich, da „unsere Vorstellung von der Entstehung dieses Landes eine Menge neuer Facetten hinzubekommt“, so Bjerg.
Obwohl einige der wertvollsten Objekte des Museums bereits vor Jahrhunderten entdeckt wurden, bietet die dänische Schatzgräberpolitik immer noch einen erheblichen Anreiz für die Bürger, ihre Metalldetektoren auszupacken und die Landschaften des Landes zu erkunden.
Im Jahr 2022 vergab die Regierung fast 850.000 Euro an Bürger, die archäologische Funde abgaben. Angesichts von fast 18.000 eingereichten Objekten lag die durchschnittliche Auszahlung pro Objekt bei fast 50 Euro.