Rätselhafte Daunenfunde in Gräberfeld
Schweden: Glitten große nordische Krieger im „Schönheitsschlaf“ in das Reich der Toten?
Eine spannende Geschichte aus Mittelschweden, die einen neuen Blick auf den nordischen Totenkult vor weit über 1000 Jahren wirft: Es beginnt damit, dass in einem bekannten Gräberfeld in Valsgärde bei Uppsala 90 eisenzeitliche Bestattungen identifiziert werden konnten.
Bild 1: Darstellung zu einem der Bootsgräber in Valsgärde. (St. Louis Community College)
Bild 2: Die Bootsgräber befinden sich 2 Kilometer nördlich von Uppsala. (Foto: Johan Anund, CC-BY-SA 3.0)
Bild 3: Einige der Federn, die im Museum der Universität Uppsala ausgestellt sind. (Foto: NTNU Universitätsmuseum)
Bild 4: Ein Teil des Daunenbettes, auf dem die Krieger in das Reich der Toten glitten. (Foto: NTNU Universitätsmuseum)
Zwei dieser Stätten – noch dazu Bootsgräber – enthielten Totenbetten, die offensichtlich mit feinem Daunenmaterial ausgekleidet waren. Ein rätselhafter Fund, auf den man sich auch in Fachkreisen nur bedingt einen Reim machen konnte.
Dazu veröffentlichte Forschungsergebnisse legen nun nahe, dass die Federbetten keineswegs nur als weicher Untergrund und Füllmaterial dienten, sondern rituellen Zwecken. Ziel war es möglicherweise, den Kriegern den Übergang in das Reich der Toten zu erleichtern – und ihn zu verstetigen.
Die Boote mit den beiden Toten waren etwa 10 Meter lang und boten Platz für vier bis fünf Ruderpaare. Beide waren als hochrangige Krieger ausgerüstet, mit reich verzierten Helmen, Schilden und Waffen. Auch Proviant, Jagdwerkzeuge und Tiere waren für die letzte Reise beigelegt.
Der Biologe Jørgen Rosvold vom Norwegischen Institut für Naturgeschichte (NINA) identifizierte die Arten des Federmaterials. „Es war aus mehreren Gründen eine aufwändige und schwierige Aufgabe. Das Material ist zersetzt, verworren und schmutzig“, sagt er.
„Das bedeutet, dass viele der besonderen Merkmale, die man bei frischem Material leicht erkennen kann, undeutlich geworden sind. Man bracht also viel mehr Zeit, um nach den charakteristischen Dingen zu suchen“, schildert Rosvold den mühsamen Akt.
Es fanden sich Federn einer geköpften Eule, die ebenfalls mit im Grab lag
Welche rituelle Funktion die Federn in Valsgärde genau hatten, ist und bleibt nicht leicht zu bestimmen. Klar ist aber inzwischen, dass Federn von Gänsen, Enten, Hühnern, Krähen, Sperlingen, Stelzenläufern und auch von einer Eule dabei waren.
Von einer geköpften Eule, um korrekt zu sein, die ebenfalls als Grabbeilage identifiziert wurde. Ein zunächst skurril anmutender Fund, keine Frage, der den Forschern zufolge aber prima in das Bild der komfortablen Totenbettung passen könnte.
„Es ist denkbar, dass der Eule der Kopf abgeschlagen wurde, damit sie nicht zurückkehren kann. Vielleicht hatte auch die Eulenfeder im Bettzeug eine ähnliche Funktion“, mutmaßt Birgitta Berglund, die als emeritierte Professorin für Archäologie der Uni Trondheim (NTNU) mit dem Fall befasst ist.
„Wir glauben, dass die Enthauptung eine rituelle Bedeutung im Zusammenhang mit der Bestattung hatte“, sagt sie. „Aus jüngeren Gräbern wissen wir, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um zu verhindern, dass die Bestatteten von den Toten zurückkehren, und es ist leicht vorstellbar, dass dies auch in weiter zurückliegender Zeit geschah.“
In wikingerzeitlichen Gräbern wurden beispielsweise die Schwerter teilweise absichtlich verbogen, bevor sie mit ins Grab gingen. Auch dies geschah wahrscheinlich, um zu verhindern, dass der Verstorbene sich auf den „Rückweg“ machte. Seine Waffe war schließlich defekt.
In der Archäologie werden nur selten Flugtiere gefunden, die nicht als Nahrung dienten
„Die Federn bieten eine Quelle für neue Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Menschen und Vögeln in der Vergangenheit. Bei archäologischen Ausgrabungen werden nur selten Spuren von Flugtieren gefunden, die nicht als Nahrung dienten“, urteilt Berglund.
Bestätigung findet sie in alten nordischen Denkweisen, wonach die Art der Federn, auf die man sich bettet, Einfluss auf das Sterben hat. „Eine davon lautet, dass in einigen skandinavischen Regionen lange Gänsefedern als das beste Mittel galten, um die Seele aus dem Körper zu befreien.“
Die Volksbräuche wurden ab dem 18. Jahrhundert gesammelt und sind damit dokumentiert. Forscher gehen aber davon aus, dass ihre Wurzeln weit in die Geschichte zurückreichen. Auch das passt zum Fund.
„Wir glauben, dass die Wahl der Federn für die Totenbettung schon weit vor den Aufzeichnungen eine tiefere, symbolische Bedeutung hatte, was ich als sehr spannend bezeichnen möchte“, zitiert Science Norway die Forscherin in einem aktuellen Artikel.
Die Stätte Valsgärde ist vor allem für ihre spektakulären Bootsgräber aus den 600er und 700er Jahren nach Christus bekannt. Sehr gut möglich, dass die beiden Krieger wunderbar gepolstert in den Tod gesandt wurden. Bewusst für einen Schönheitsschlaf ohne Aussicht auf Wiederkehr.