Gestützt auf EU-Sanktionen
Lettland will Autos mit russischen Kennzeichen beschlagnahmen – und ukrainischer Armee schenken
Es ist fast atemberaubend, wie sich die Nachrichtenlandschaft durch den Krieg in der Ukraine verändert hat. Jüngstes Beispiel ist ein Gesetzentwurf, den das lettische Justizministerium dem Parlament – Saeima genannt – in den kommenden Tagen vorlegen wird.
Darin steht geschrieben, dass in Russland oder Weißrussland zugelassene Fahrzeuge nicht mehr unbegrenzt in Lettland bleiben und die Infrastruktur nutzen dürfen. Es sei denn, jüngst aus beiden Ländern eingereiste Autobesitzer nutzen eine Frist, um ihre Fahrzeuge in Lettland umzumelden.
Die Frist für das Ummelden oder Verlassen des baltischen Landes soll dem Gesetzentwurf zufolge bei drei Monaten liegen. Andernfalls drohen drastische Sanktionen, zu denen explizit auch die Beschlagnahmung nicht umgemeldeter Fahrzeuge zählen soll.
Justizministerin Inese Lībiņa-Egnere dazu: „Das Überqueren der Grenze der Europäischen Union mit einem in Russland oder Weißrussland zugelassenen Fahrzeug ist dann ein Verstoß gegen die Sanktionen, wenn es langfristig in Lettland verbleibt.“
Und weiter: „Sollten Fahrzeuge mit russischen und weißrussischen Nummernschildern nicht rechtzeitig umgemeldet werden, können sie beschlagnahmt und der ukrainischen Armee zur Unterstützung an die Front geschickt werden.“ Wie gesagt: Die Nachrichtenlage ist eine andere.
Lettland hat schon viele beschlagnahmte Fahrzeuge in die Ukraine geschickt. Aber nur…
Lettland hat in der jüngeren Vergangenheit bereits Dutzende von Fahrzeugen auf diese Weise in die Ukraine geschickt. Allerdings handelte es sich bei dem bemerkenswerten Schritt bislang um Beschlagnahmungen nach Fahrten jedweder Besitzer unter starkem Alkoholeinfluss.
Anders gesagt: Mit Russland und Weißrussland, dem sozusagen großen und dem kleinen Aggressor in der Ukraine, hatten diese behördlichen Zugriffe bislang per se nichts zu tun. Das aber dürfte sich nach dem Willen von Lībiņa-Egnere sehr bald ändern.
Das lettische Justizministerium stützt sich bei der angestrebten Änderung des Rechtsrahmens auf die Europäische Union und die von ihr beschlossenen Sanktionspakete, die in der Tat auch privaten Besitz – und damit Fahrzeuge – im Fokus haben.
Laut LSM.lv verweist die EU darauf, dass die angemessene und verhältnismäßige Anwendung von Sanktionsrichtlinien in die Zuständigkeit der jeweiligen Mitgliedstaaten fällt. Von diesem Passus wird Lettland nun wohl Gebrauch machen. Mit radikaler Konsequenz, wie es scheint.
Hintergrund: Die drei baltischen Staaten und Finnland untersagen Personen mit in Russland oder Weißrussland zugelassenen Fahrzeugen bereits seit einigen Tagen die Einreise in die EU. Wer vorher über die Grenze kam, darf sich nun von der Justizministerin direkt angesprochen fühlen.