Im Kanu auf der Finnischen Seenplatte

Klares Wasser um mich herum, weiter entfernt überall dichte Kiefern- und Fichtenwälder. Meine Paddelschläge treiben das Kanu gleichmäßig vorwärts. Das Wasser vor mir endet an einer grünen Weite, den Wäldern. Finnland pur.

Das Land ist etwa so groß wie Deutschland, hat aber nur etwa 5 Millionen Einwohner. Zu 70 Prozent ist das Land von Wald bedeckt. Hier auf der Finnischen Seenplatte, nahe der Grenze zu Russland ist häufig trotz Fernglas noch nicht zu erkennen, ob das Wäldchen am Horizont auf einer Insel steht oder ob hier wieder Land anfängt.

Die Finnische Seenplatte ist ein Labyrinth aus Seen, bewaldeten Inseln und bewaldetem Festland, dazwischen weite oder enge Wasserstraßen. Finnland gilt als das Land der 100.000 Seen. Tatsächlich sollen es sogar etwa 180.000 sein. Die Zählung ist auch deshalb schwierig, weil fast alle Seen miteinander verbunden sind.

Die Seenplatte umfasst ein Drittel des Staatsgebietes Finnlands. Der Bodensee ist vergleichsweise winzig. Die Seenplatte aber wirkt ganz anders, weil die Wasserflächen immer wieder von Inseln oder Landverbindungen unterbrochen werden.

Nur einen minimalen Teil davon kann ich in den zwei Wochen erkunden. Ganz einfach ist die Navigation hier nicht, aber die digitalen Karten samt Darstellung der eigenen Position darin dank GPS-Empfänger im Smartphone erleichtern vieles. Kostenlose digitale Karten (siehe Links unten) mit genauer Lage der Hütten, Grillplätze und sonstigen Annehmlichkeiten gehören zum finnischen Standart.

Ein Solarpanel muss man aber unbedingt mitnehmen, denn anders aufladen kann man den Akku des Smartphones unterwegs nicht. Die Papierkarte und der Kompass im Boot bleiben ebenfalls wichtig, weil man damit eine bessere Übersicht hat als auf dem kleinen Display des Smartphones.

Verteilt über ganz Finnland gibt es etwa 4.000 frei zugängliche, halboffene Hütten und andere Plätze mit Feuerstelle, an denen man kostenlos im Zelt übernachten kann. An der Finnischen Seenplatte und auf den Inseln darin gibt es etwa 90 Hütten und Grillplätze, an denen man – bushcrafttechnisch betrachtet – komfortabel übernachten kann.

Ich bin allein unterwegs. Aus Sicherheitsgründen nicht optimal auf dem Wasser, emotional aber kein Problem. Das Kanu sticht durch die Wellen und ich genieße die grandiose Kulisse um mich herum.

Die Natur entfaltet eine derartige Wirkung, dass ich auch in abendluchen Ruhestunden niemanden vermisse. Manchmal höre ich den Wind, wie er übers Wasser weht. Meistens aber ist es absolut still hier.

Ein paar Bücher führe ich mit, aber die hole ich aus den Packsäcken fast nie heraus. Neben Zelt, Schlafsack und Kocher habe ich Lebensmittel für 14 Tage dabei, denn an einem Supermarkt komme ich hier nirgends vorbei, auch nicht an einer Gaststätte.

Anders als beim Wandern mit Rucksack oder auch bei Radtouren mit Packtaschen kann man im Kanu eine relativ große Menge Gepäck mitnehmen. Im Gegensatz zum Flusswandern in Deutschland gibt es auf der Finnischen Seenplatte auch keine Wehre, an denen man das Kanu mühevoll umtragen muss.

Unbewohnte Insel mit Sauna

Zwar keine Geschäfte oder Gastronomiebetriebe, aber andere Bauwerke findet man auf den Inseln: Auf der Insel Ilkonsaari wurden – obwohl sie unbewohnt ist – gleich fünf orthodoxe Kapellen errichtet.

Eines der kleinen Gotteshäuser heißt „Kapelle von Athos“, ein anderes „Kapelle von Nowgorod.“ Die Insel ist zweifellos ein erhabener Ort, um Gott anzubeten. Die meisten Finnen gehören der lutherischen Kirche an. In Helsinki ist nicht weit vom lutherischen Dom auch die russisch-orthodoxe Uspenski-Kathedrale zu bewundern.

Auf der Insel Satamosaari – ebenfalls unbewohnt – stehen zwei Saunen, die frei zugänglich sind. Wer diese anheizt – Holz liegt bereit – möge 15 Euro auf das angegebene Konto überweisen. Die Hinweisschilder sind auf Finnisch, Schwedisch, Englisch und Russisch – die letztgenannte Zielgruppe darf zurzeit nicht herkommen.

In der recht großen Hütte findet man neben der Sauna und dem Aufenthaltsraum sogar ein kleines Zimmer mit Stockbett. Wie üblich an der Seenplatte alles frei zugänglich. Überdachte Feuerstellen und etwas entfernt davon Komposttoiletten gibt es an vielen Stellen hier, ebenso halboffene Hütten.

Strom und Leitungswasser sind nirgends vorhanden. Braucht man hier auch nicht, denn das Wasser des Finnischen Seensystems hat Trinkwasserqualität. Am Feuer zu sitzen ist für Finnen anscheinend lebensnotwendig. Auch ich gewöhne mich gerne daran.

Angeln in den Seen darf man ohne Erlaubnisschein. Meist bekommt man Barsche oder Zander an den Haken. Die „Fangverarbeitung“ ist auch mit den begrenzten Möglichkeiten als Kanufahrer kein Problem, wenn man direkt an einer Feuerstelle angelt.

An einigen der 14 Tage, an denen ich hier mit meinem Kanu unterwegs bin, ist mir weder auf dem Wasser noch an Land eine Menschenseele begegnet. Einmal schaute mir vom Ufer aus ein Elch beim Vorbeipaddeln zu. Ob er mich als Eindringling in sein Revier ansah oder als Kollegen in der wunderschönen Einsamkeit anerkannte, bleibt unklar.

Weitergehende Informationen

Es gibt keinen deutschsprachigen Reiseführer speziell zur Finnischen Seenplatte, auch keinen Kanuführer. Regional passend ist der Reiseführer „Finnland: Saimaa und Karelien“, Edition Elch. Das Buch enthält aber nur wenig Informationen über die Finnische Seenplatte vom Kanu aus betrachtet.

Online gibt es hervorragende Landkartenseiten, auf denen man sich sowohl vor dem Urlaub als auch vor Ort auf dem Smartphone hervorragend informieren kann:

• www.saimaageopark.fi
• www.visitsaimaa.fi/de
• www.retkikartta.fi
• www.laavu.org „Seela“ (durchsuchen) anklicken, dann die Region Etelä-Karjala (Südkarelien) wählen
• www.visitfinland.com/de

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