Studie räumt 100 Jahre alte Theorie ab
England / Stonehenge: Wurde der tonnenschwere Altarstein viele hundert Kilometer weit „geliefert“?
Eine neue Studie von Forschern des Fachbereichs Geografie und Geowissenschaften der Universität Aberystwyth in Wales kommt zu dem Schluss, dass einer der zentralsten Steine von Stonehenge aus einer nicht für möglich gehaltenen Entfernung „geliefert“ worden sein dürfte.
Bild 1: Kultstätte Stonehenge – immer für eine Überraschung gut. (English Heritage)
Bild 2: Kartografische Darstellung mit Lage des Altarsteins / Nummer 80. (Anthony Johnson / CC BY 3.0)
Bild 3: Der tief im Boden steckende Altarstein – begraben unter einem umgestürzten Sarsenstein. (Stones of Stonehenge)
Bislang ging man in der Stonehenge-Forschung davon aus, der tonnenschwere Megalith stamme wie viele andere ihn umgebenden Blöcke aus Wales. Genauer gesagt aus einem Steinbruch in Wales, der schon sagenhafte 200 Kilometer weit von der weltbekannten Kultstätte in Wiltshire entfernt liegt.
Den neuen Ergebnissen zufolge scheint aber selbst diese irre Dimension nicht mehr auszureichen, um die Tausende Jahre alten Ursprünge von Stonehenge geografisch zu ergründen. Darauf kamen die Forscher anhand einer Gesteinsanalyse, die klar zeigt: Der Altarstein ist anders.
Die in der Oktoberausgabe des „Journal of Archaeological Science“ veröffentlichte Untersuchung ordnet den Megalithen zwar nach wie vor als Sandstein ein, aber mit einem Bariumgehalt, der nicht zu seiner bisher vermuteten „Heimat“ in der Old Red Sandstone-Formation in Westwales passt.
Damit scheint die Forschung, was zumindest diesen Stein aus dem innersten Kreis der Kultstätte betrifft, quasi wieder am Ausgangspunkt angekommen zu sein. Stonehenge hält die Fachwelt zuverlässig in Bewegung.
Stonehenge bastelt fleißig weiter an seiner Legende
Um den Ursprung des Altarsteins zu untersuchen, wurden modernste Verfahren angewandt, nach deren Auswertung die Forscher der Uni Aberystwyth dringend empfehlen, den Suchradius weit über das sogenannte Anglo-Welsh-Becken hinaus in den Norden der britischen Hauptinsel auszuweiten.
Von hier aus wären es dann Hunderte von Kilometern bis nach Stonehenge gewesen, was natürlich auch bei der Frage nach Art und Dauer der Anlieferung zu neuem Stirnrunzeln führen dürfte. Oder so: Stonehenge bastelt fleißig weiter an seiner Legende.
Hintergrund: Der Altarstein ist ein liegender, zentraler Megalith in Stonehenge, der etwa 2600 vor Christus in die Kultstätte integriert wurde. Er wiegt laut PHYS.org knapp sechs Tonnen und wäre – sollte er jemals gestanden haben – rund zwei Meter hoch gewesen.
Damit ist er im Vergleich zu den jeweils über 55 Tonnen wiegenden Sarsensteinen, die das Bild von Stonehenge optisch so sehr prägen, eher von kleiner Gestalt. Allerdings kamen die Sarsensteine aus der Region, während der Altarstein wohl weit, weit gereist ist, um ein zentraler Teil von Stonehenge zu werden.