Oder platzt der Deal aus guten Gründen?
Schottland: Als Türstopper in Schuppen entdeckte „Billig“-Büste wird versteigert – wohl für Millionen
Völlig verrückte Geschichte aus Schottland: Eine ehemals für 5 Pfund erworbene und tatsächlich als Türstopper in einem Industrieschuppen wiederentdeckte Marmorbüste könnte der Gemeinde Invergordon bei einer nun anstehenden Auktion mehrere Millionen einbringen.
Bild 1: Die Marmorbüste des Highland-Gutsherren Sir John Gordon entstand vor fast 300 Jahren. (High Life Highland)
Bild 2: Ein Millionenangebot für die Büste liegt vor – nun muss der Highland Council entscheiden. (High Life Highland)
Bild 3: Der berühmte französische Künstler Edme Bouchardon schuf die Skulptur im Jahr 1728. (François-Hubert Drouais / 1758)
Bild 4: Ein weiteres Werk von Edme Bouchardon: die „Fontaine des Quatre-Saisons“ in Paris. (Mbzt / CC BY 3.0)
Denn bekannt ist seit einer Untersuchung der Büste, dass es sich um die Darstellung des Highland-Gutsherren Sir John Gordon handelt, 1728 von dem französischen Bildhauer Edme Bouchardon aus feinstem Marmor geschaffen – ein über Jahrzehnte verkanntes Kunstwerk aus dem obersten Regal.
Zur Einordnung: Edme Bouchardon (1698 bis 1762) schuf Skulpturen für die Gärten des Schlosses von Versailles, dem ehemaligen Sitz des französischen Königshauses. Er fertigte auch die Fontaine des Quatre Saisons in der Rue de Grenelle in Paris. Kunst von Welt also, wenn sie denn als solche erkannt wird.
Kaum zu glauben ist vor diesem Hintergrund, dass die Stadtverwaltung das sündhaft teure Stück 1930 zum oben genannten Spottpreis erwerben konnte. Danach verschwindet die Spur, bis die Büste 1998 im Materialschuppen eines Industriegebietes in Balintore wiederentdeckt wurde.
Heute befindet sich das Artefakt in der Obhut des Highland Council, von wo aus der zu erwartende Millionenerlös dem Invergordon Common Good Fund zugutekäme. Der Fonds gewährt Zuschüsse für Projekte in der Gemeinde und ihrer Umgebung.
Geboten wurden dem Vernehmen nach 2,5 Millionen Pfund – mit Spielraum nach oben
Vor einigen Tagen kam nun die Meldung, dass ein privater Käufer aus dem Ausland über das bekannte Auktionshaus Sotheby’s mit einem Kaufangebot an den Highland Council herangetreten sei. Geboten wurden dem Vernehmen nach 2,5 Millionen Pfund – mit Spielraum nach oben.
Auf einer Sitzung des Gemeindeausschusses sollen das eingegangene Angebot und andere Verkaufsoptionen in der kommenden Woche erörtert werden. Zum Vergleich: Letztes Jahr wurde der Wert der Büste auf 1,4 Millionen Pfund geschätzt. Man würde sich demnach deutlich verbessern.
Aber: Der Kunsthistoriker Dr. Bendor Grosvenor beurteilte den im Raum stehenden Verkauf gegenüber der BBC äußerst kritisch: „Das Kunstwerk ist dem Highland Council gratis in den Schoß gefallen. Es gibt daher keinen Grund, es meistbietend ins Ausland zu versteigern.“
Stattdessen solle man beim Council überlegen, die kostbare Marmorbüste in der Region zu halten, beispielsweise als Leihgabe an das „Inverness Museum, die National Galleries of Scotland oder das National Museum of Scotland.“ Also dort, wo sie ursprünglich hingehört.
Ist es richtig, mit dem Verkauf der Büste die Gemeindekassen aufzufüllen?
In einem Bericht an den Ausschuss heißt es, dass die Stadträte alle verfügbaren Informationen berücksichtigen müssen, um zu entscheiden, ob die Büste verkauft werden soll oder nicht. Angeblich sollen Experten von Sotheby’s bereit sein, den Rat auf diesem Weg zu unterstützen.
Damit dürfte dann wohl klar sein, wohin die Reise geht. Sir John Gordon (1707 bis 1783) war zu Lebzeiten übrigens ein Abgeordneter (Secretary for Scotland), dessen Familie Land in Easter Ross besaß und der Stadt Inver“gordon“ am Cromarty Firth ihren Namen gab.
Seit etwa zehn Jahren schwelt nun schon ein Streit, ob es angemessen ist, eine in der Region historisch derart verwurzelte Büste zu verkaufen, um damit die Gemeindekassen aufzubessern. Einen Kompromiss zwischen Kämmerer und Kunsthistoriker gibt es in dieser Angelegenheit nicht.
Dass die Büste allerdings zu sehenswert ist, um für teuer Geld in einer Privatsammlung zu verschwinden, hat sie in der jüngeren Vergangenheit bereits unter Beweis gestellt. 2016 war sie im Louvre in Paris und später im J. Paul Getty Museum in Los Angeles ausgestellt.