Anpassungsfähiger Ostsee-Bewohner
Estland: Zahl der Robben auf Rekordniveau – Population in letzten Jahren massiv gewachsen
Für Kegelrobben scheint es in Teilen der Ostsee bestens zu laufen. Jedenfalls hat der Bestand in Estland mit weit mehr als 6.300 Tieren 2023 einen neuen Höchstwert erreicht. Das geht aus einer Zählung hervor, an der Meeresbiologe Ivar Jüss beteiligt war.
Insgesamt verweist der Forscher nach der nun abgeschlossenen Erhebung auf 6.324 quasi handgezählte Exemplare. Zwar sei eine einzelne Zählung nur bedingt aussagekräftig, aber über die Jahre erkenne man einen eindeutigen Trend, so Jüss in einem Interview.
„Wenn wir 1999 mit etwa 1.500 Tieren angefangen haben und jetzt bei über 6.300 sind, zeigt das doch, dass es der Population gut geht“, teilte er am Montag mit. Vor allem scheint es der Kegelrobbe deshalb gut zu gehen, weil sie sich schnell an Umweltveränderungen anpassen kann.
„Sie kann sich an Land fortpflanzen, und es mangelt ihr offensichtlich nicht an Nahrung sowie Lebensraum. Die Robbe hat sich von ihrem Tiefpunkt in den 1980er Jahren eindeutig erholt“, lautet sein positives Fazit.
Auch die Methodik hat sich verändert. Während in früheren Jahren die Robbenzählung mit Bootsfahrt und Fernglas erfolgte, wird heutzutage mit Flugzeug und hochauflösenden Digitalkameras gearbeitet. Völlig andere Voraussetzungen.
Früher oder später wird die Zahl der Kegelrobben ihren Höhepunkt erreichen, das ist klar
„Jetzt fliegen wir bis zu dreimal zu den wichtigsten Robbengebieten. Wir machen Fotos vom Flugzeug aus. Wenn wir wieder zu Hause sind, haben wir Zeit, die Robben anhand der Bilder einzeln zu zählen“, erklärt der Meeresbiologe gegenüber ERR.ee.
Früher oder später wird die Zahl der Tiere jedoch ihren Höhepunkt erreichen, das ist klar. „Es ist nicht so, dass die Robben dann physisch nicht mehr in die Ostsee passen, aber sie werden durch die Nahrung und das Vorhandensein von Brutplätzen beeinflusst“, so Jüss weiter.
Wann diese Grenze erreicht sein wird, ist allerdings noch offen. Der Bestand der Kegelrobbe muss ohne weiteres Wachstum erst fünf bis sechs Jahre stabil bleiben. Dann sei der Punkt laut Jüss wahrscheinlich erreicht. In der gesamten Ostsee gibt es derzeit etwa 40.000 Kegelrobben.
Im vergangenen Jahr wurden 6.031 Exemplare davon in estnischen Gewässern gezählt, zwischen 2019 und 2021 waren es jedes Jahr um die 5.500. Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus) ist eine von zwei Robbenarten, die vor der estnischen Küste vorkommen. Die andere ist die Ringelrobbe (Pusa hispida).