Wegweisender Fund auf Insel Visingsö
Schweden: „Sensationeller“ Münzschatz aus 12. Jh. entdeckt – unter mittelalterlicher Kirche
Bei Ausgrabungen auf einem mittelalterlichen Friedhofskomplex in Brahekyrkan auf der schwedischen Insel Visingsö haben Archäologen vor wenigen Wochen einen Münzschatz aus der Mitte des 12. Jahrhunderts entdeckt.
Die etwa 170 Silbermünzen wurden zufällig im Zuge geothermischer Arbeiten an der uralten Kirche des Friedhofs geborgen. Ersten Analysen zufolge wirft der Schatz ein völlig neues Licht auf die Geschichte der Region.
Vor allem deshalb, weil durch den Fund bislang vorherrschende Ansichten über die Bestattungsriten und den Münzumlauf im mittelalterlichen Götaland in Frage gestellt sind. Das Bezirksmuseum Jönköping gab den Fund Ende März im Rahmen einer Pressemitteilung bekannt.
Gefunden wurden die Silbermünzen im Grab eines Mannes, von dem die Experten annehmen, dass er zwischen 20 und 25 Jahre alt war, als er starb. Nach eingehender Untersuchung steht fest: Hergestellt bzw. geprägt wurden die Geldstücke zwischen 1150 und 1180 nach Christus.
Genauer gesagt handelt es sich bei den Fundstücken um Brakteaten. Also um dünne, münzförmige Metallstück, die in der damaligen Zeit nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch als Schmuckstücke verwendet wurden.
Tag 1 der Ausgrabung: „Plötzlich tauchten drei Silbermünzen auf“
„Gleich am ersten Tag unserer Ausgrabung fanden meine Kollegin und ich zwei Skelette in einem Schacht, in dem neue Leitungen verlegt werden sollten“, teilte Anna Ödéen, Projektleiterin und Archäologin, in dem Statement mit.
„Wir räumten die Knochen aus den Gräbern, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie die Gräber aussahen. Plötzlich tauchten drei Silbermünzen auf. Bald stellten wir fest, dass viele weitere in der Nähe des linken Fußes eines Bestatteten lagen“, schildert sie den Moment.
Der Fund gilt in der Region als nahezu einzigartig. Es gibt dort nur wenige ähnliche Artefakte aus dieser Zeit. Zudem stellten die Archäologen im Zuge ihrer Untersuchungen fest, dass einige der Münzen bis dato völlig unbekannt waren.
Bei den Ausgrabungen wurden insgesamt 24 Gräber entdeckt, von denen 20 außerhalb der Kirchenmauern auf nicht geweihtem Boden lagen. Auch hierzu äußerte sich Anna Ödéenim Rahmen einer Presseerklärung:
Warum der Verstorbene derart viele Münzen mit ins Grab nahm, ist völlig unbekannt
„In Teilen unserer Geschichte konnte jemand, der Selbstmord begangen hatte, nicht das bekommen, was die Kirche ein ehrenvolles Begräbnis nannte. Dasselbe galt für ungetaufte Kinder und Schwerverbrecher.“
Es stellte sich heraus, dass alle Grabstätten in dieselbe Richtung angeordnet waren, in einer Linie und in der gleichen Tiefe. „Es handelte sich also um eine organisierte Begräbnisstätte“, steht für die Forscherin fest.
Warum einer der Verstorbenen in so relativ jungen Jahren derart viele Münzen mit ins Grab nahm, ist noch völlig unbekannt. Die Archäologen des Landesmuseums hoffen nun, bei der weiteren Bearbeitung des Fundes neue und aussagekräftige Hinweise zu finden.
„Es handelt sich um einen absolut sensationellen Fund, der die frühmittelalterliche Münzgeschichte Götalands verändern und Licht in eine weitgehend unbekannte Periode bringen dürfte“, zitiert Arkeonews die schwedische Münzexpertin Eeva Jonsson. Spannend, was da noch kommt.
Hintergrund: Visingsö ist mit einer Fläche von rund 25 Quadratkilometern die größte Insel im schwedischen See Vättern. Sie ist wegen ihrer archäologischen Vielfalt (Burgen, Waffengräber, Runensteine, Steingräber) wissenschaftlich von höchster Bedeutung.