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Aktuelle Forschungsergebnisse

Klimaforscher messen massiven „Umbruch“ im Arktischen Ozean

In den kommenden Jahrzehnten wird sich der Arktische Ozean massiv verändern: von einem ruhigen, eisbedeckten Meer zu einem offenen Ozean mit starken Strömungen und anderen Zutaten, die sich weit überregional auswirken werden.

Klimaforschung Arktis
Klimaforscher Morven Muilwijk bei der Messung von Meeresströmungen – noch auf solidem Eis. (Foto: Trine Lise Sviggum Helgerud / Norwegian Polar Institute)

Eine wissenschaftliche Basis für die vergleichsweise neuen Untersuchungen hoch im Norden wird gerade auf dem Forschungsschiff Kronprins Haakon gelegt. Von hier aus setzt Klimaforscher Morven Muilwijk ein Instrument ein, um Meeresströmungen unter dem noch dichten Eis zu messen.

Schon jetzt ist klar: Die Strömungen, die in der Region heute gemessen werden, haben in erdhistorisch nächster Zukunft nichts mehr mit dem Status quo zu tun. Das wiederum wird das Klima der nördlichen Hemisphäre erheblich beeinflussen, darauf deuten die Zahlen klar hin.

„Wir sind jetzt hier, um den aktuellen Zustand des Arktischen Ozeans zu messen und gleichzeitig an Zukunftsprognosen zu arbeiten, die zeigen, dass sich das Gebiet schnell verändert“, sagt der Wissenschaftler vom Norwegian Polar Institute in Tromsø.

„Unsere neueste Studie zeigt deutlich, dass die Physik und die Ökosysteme des Arktischen Ozeans in den nächsten 10, 50 und 75 Jahren massiven Brüchen unterworfen sind. Die Situation von heute wird dann nicht mehr wiederzuerkennen sein“, fuhr er fort.

Starke Winde und weniger Meereis = mehr Energie von der Atmosphäre in den Ozean

Die Modelle zeigen, dass mit der weiteren Erwärmung des Arktischen Ozeans aufgrund der globalen Klimaentwicklung die Windgeschwindigkeiten zunehmen und das Meereis abnehmen werden. Die neue Studie konzentriert sich auf die Folgen dieser Entwicklung.

Bildlich gesprochen wirkt das Meereis in der Arktis bislang wie ein stabiler Deckel. Es schirmt die Wassermassen für einen Großteil des Jahres vor direktem Windeinfluss ab. Heute ist der Arktische Ozean daher ein ruhiges Meer mit schwachen Strömungen und geringer Durchmischung. Eine Konstante.

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Die Forscher aus Norwegen haben berechnet, dass der Windeinfluss auf die Meeresoberfläche bis zum Jahr 2100 um 38 Prozent zunehmen dürfte – mit weitreichenden Folgen. (Foto: Trine Lise Sviggum Helgerud / Norwegian Polar Institute)

Da aufgrund des Klimawandels aber immer weniger Fläche von Meereis bedeckt sein wird, wird der Ozean den Winden in Zukunft immer stärker ausgesetzt sein. Außerdem werden stärkere Winde die Oberflächenströmungen verändern, mit unguten Auswirkungen tief in die Wassersäule hinein.

„Stärkere Winde und weniger Meereis bedeuten, dass mehr Energie von der Atmosphäre auf den Ozean übertragen wird, was erhebliche Auswirkungen auf die Ozeanzirkulation und die Schichtung im Arktischen Ozean hat“, beschreibt Muilwijk.

Der Windeinfluss auf die Meeresoberfläche nimmt bis Ende des Jahrhunderts massiv zu

Die Studie zeigt, dass der Windeinfluss auf die Meeresoberfläche bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 38 Prozent zunehmen könnte. Einige Modelle gehen sogar von einer Zunahme von bis zu 72 Prozent im Vergleich zu heute aus.

Wenn die Eisdecke dünner und beweglicher wird, absorbiert sie viel weniger Windenergie. Stattdessen wird die Windenergie direkter durch das Eis auf den Ozean übertragen. Mit wahrhaft weitreichenden Folgen.

Dazu gehört: Der Arktische Ozean, wie ihn die Forscher heute kennen, weist eine deutliche Schichtung in der Wassersäule auf. Frisches, kaltes Polarwasser an der Oberfläche steht salzigem, tendenziell warmem Atlantikwasser in der Tiefe gegenüber.

Anders gesagt: Das polare Wasser hat eine geringere Dichte als das salzige atlantische Wasser und befindet sich daher höher in der Wassersäule. Die Modelle zeigen, dass ein stärkerer Windeinfluss diese ausgeprägte Schichtung im Arktischen Ozean verändern wird.

“Das wiederum verstärkt die laufenden Veränderungen durch die globale Erwärmung“

„Das warme Wasser wird sich aus der Tiefe nach oben mischen und dürfte dazu beitragen, das Meereis von unten noch schneller zu schmelzen. Das wiederum verstärkt die laufenden Veränderungen durch die globale Erderwärmung“, erklärt Muilwijk den Negativkreislauf.

Bestes Beispiel ist der warme Golfstrom, der dazu beiträgt, dass in Nordeuropa ein milderes Klima herrscht als in Alaska, das auf ähnlichen Breitengraden liegt. Und der Golfstrom ist eine von mehreren Meeresströmungen im Nordatlantik, die bekanntlich empfindsam für Veränderungen der Rahmenbedingungen sind.

„Wenn sich im Arktischen Ozean stärkere Meeresströmungen entwickeln, wird sich die Verteilung des kalten Süßwassers ändern, was wiederum die Meereszirkulation im Nordatlantik und damit das Klima der nördlichen Hemisphäre deutlich beeinflusst“, erläutert Muilwijk gegenüber Science Norway.

Die neue Forschung wird den Klimawissenschaftlern ein tieferes Verständnis über die Beziehungen zwischen Meereis, Ozean und Atmosphäre vermitteln. Diese Erkenntnisse sollen künftige Klimamodellierungen präziser machen. Es geht schließlich um viel im Arktischen Ozean.

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