Beeindruckende Online-Ausstellung eröffnet
Leben und Leiden im Ghetto von Vilnius: Das Tagebuch von Yitskhok Rudashevski
Die Geschichte von Yitskhok Rudashevski ist an einem sehr bestimmten Punkt auf das Engste mit der von Anne Frank verwoben. Dabei kannten sich beide nicht, lebten in völlig unterschiedlichen Ländern – und sicherlich Welten.
Aber wie Anne Frank hat auch Yitskhok Rudashevski, ein jüdischer Teenager aus dem litauischen Vilnius, ein Tagebuch hinterlassen, das den Schrecken und die Gräuel des Holocausts aus dem Blickwinkel eines Heranwachsenden beschreibt. Konkret aus dem Ghetto in Vilnius.
Vor sechs Jahren wurden die Aufzeichnungen aus dem Jiddischen ins Litauische übersetzt und sind nun Gegenstand einer viel beachteten und aufwendig gestalteten Online-Ausstellung des YIVO Institute for Jewish Research in New York – geöffnet für Besucher aus der ganzen Welt.
Auf der Grundlage des Tagebuchs von Yitskhok Rudaschewski erzählt die Ausstellung die Geschichte des Holocausts vom Beginn des Nazi-Terrors in Litauen im Juni 1941 bis zur Räumung des Ghettos im September 1943.
Bis zu 40.000 Juden, die meisten aus Vilnius, lebten in dem zweigeteilten Areal in der Altstadt. Tausende von ihnen, vor allem solche mit der widerlich entmenschlichenden Zuschreibung „arbeitsunfähig“, wurden etappenweise in einen nahen Wald gebracht und dort erschossen.
Das Thema sollte ihn fortan intensiv begleiten, gelinde gesagt
Mindaugas Kvietkauskas ist einer der Kuratoren der Ausstellung und Übersetzer des Tagebuchs ins Litauische. „Ich las es das erste Mal, als 2016 ein Gedenkstein für Yitskhok Rudashevski auf dem Bürgersteig des ehemaligen Gymnasiums in der Rūdninkų-Straße in Vilnius aufgestellt wurde“, sagt er.
Das Thema sollte ihn fortan intensiv begleiten, gelinde gesagt. Denn auf Anregung der jüdischen Gemeinde in Litauen übersetzte Kvietkauskas das Tagebuch. 2018 wurde es in einer zweisprachigen litauisch-jiddischen Ausgabe veröffentlicht.
In einem sehr lesenswerten Interview auf LRT.lt hat sich Kvietkauskas nun umfassend zu seiner Arbeit geäußert. Und zu seinen Nachforschungen, die ihn bis nach Jerusalem führten, wo bis ins hohe Alter eine enge Verwandte von Yitskhok Rudashevski lebte.
Sie war es, die das verstaubte Tagebuch 1944 auf fast wundersame Weise in Händen hielt, als all ihre Familienangehörigen längst nicht mehr waren. So auch Yitskhok Rudashevski, der mit seinem frühen Werk auf die tragischste aller Weisen in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt ist.
Hier der Link zum Interview (in englischer Sprache). Und hier der Link zur Online-Ausstellung.