71 % in nur 2 Jahren
England: „Schockierender“ Anstieg von häuslicher Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
Englische Wohltätigkeitsorganisationen vermelden einen „schockierenden“ Anstieg von häuslicher Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. In der Folge müssen immer mehr Opfer intensiv behandelt werden – an Körper und Seele.
Zur Einordnung: Die Zahl der Kinder, die in der Region Dorset und auf der Isle of Wight unter häuslicher Gewalt leiden oder diese miterleben, ist laut einer Untersuchung des YOU Trust allein in den letzten beiden Jahren um 71 Prozent gestiegen.
Der Trust half in diesem Jahr bis zum Monat April 318 Kindern über 5 Jahren. 2022 waren es im selben Zeitraum noch 186 Fälle. Dabei gesellen sich leider immer wieder neue Phänomene in die Liste der Grausamkeiten.
Denn unter den Betroffenen befindet sich eine wachsende Zahl von Teenagern, die sexuell missbraucht werden. Allerdings nicht von Eltern und Verwandten, sondern von Freunden, Freundinnen oder neuen Partnern, wenn sie ihre ersten Beziehungen eingehen.
Ein Sprecher des YOU Trust: „Wir haben es definitiv mit einer Krise zu tun, und wir müssen etwas dagegen tun.“ Die Wohltätigkeitsorganisation bietet Kindern und Jugendlichen Beratung an, die darauf abzielt, Opfern von häuslicher Gewalt Hilfe zum Selbstschutz zu gewähren.
Die Organisation handelt nach der Devise, dass nur frühzeitiges Eingreifen etwas zum Positiven wenden kann. Andernfalls sei es für junge Menschen schwierig, dem Kreislauf aus Gewalt und Missbrauch zu entkommen. Bis hin zur realen Gefahr, dass Opfer im späteren Leben selbst zu Tätern werden.
„Fügt euch nicht in euer Schicksal. Holt euch Hilfe – und kommt da raus!“
In einem Beitrag der BBC spricht ein weibliches Opfer beispielhaft von einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Beziehung. Von einer schönen Phase zu Beginn, von seinen ersten Ohrfeigen nach ein paar Monaten, von seinem Flehen um Verzeihung und dem Schwur, dass so etwas nie wieder passieren werde.
Sie berichtet von immer gewaltsameren Rückfällen, vom Verlust der Kontrolle über ihre Finanzen, von Schlägen, von Rippenbrüchen und dem Verbot, sich ärztlich behandeln zu lassen. Von Brandwunden an Armen und Schultern, verursacht durch Zigaretten. Von seinem Versuch, sie im Badezimmer zu ertränken.
Und dann berichtet sie von ihren Schuldgefühlen und der quälenden Frage, ob es möglicherweise ihre eigenen Fehler waren, die ihre Beziehung in eine solch furchtbare Richtung entgleiten ließen. Die Hölle auf Erden – abgerundet durch die Familie, die ihren verstörenden Schilderungen keinen Glauben schenkte.
Schließlich griffen zum Glück die Behörden ein, nachdem ihre Blutergüsse entdeckt worden waren. Zu einer strafrechtlichen Verfolgung ihres Peinigers kam es allerdings nicht, nur zu einer einstweiligen Verfügung.
„Für mich ist es zu spät. Aber ich möchte nicht, dass irgendjemand das durchmacht, was ich durchgemacht habe“, sagt sie heute und hat eine Botschaft an alle, deren Beziehungen bereits ähnlich verlaufen oder auf dem Weg dahin sind. „Fügt euch nicht in euer Schicksal. Holt euch Hilfe – und kommt da raus!“