„Äußerst aufregend“
Bollwerk gegen Wikinger: 1.100 Jahre alter Verteidigungswall in Oxford entdeckt
Archäologen haben bei Ausgrabungen am Oriel College in der altehrwürdigen Hochschulstadt Oxford Teile eines über 1.000 Jahre alten Verteidigungsrings entdeckt. Experten vermuten, dass die Anlage im Kontext der Bedrohung durch die Wikinger rund um das 10. Jahrhundert zu betrachten ist.
Bilder 1 bis 3: Oriel College / Bilder 4 bis 5: OAHS Oxford Archaeological and Historical Society
Außerdem geben die Fundamente der Befestigung den Forschern ein völlig neues Bild vom ursprünglichen Verteidigungsumfang der damals blutjungen angelsächsischen Ansiedlung – und damit letztlich von der Größe Oxfords selbst. Mit einem sehr überraschenden Ergebnis.
Denn klar ist nun: Oxford muss um 900 nach Christus deutlich kleiner gewesen sein, als die Stadtforschung bis dato vermutet hat. Bzw. deutlich kleiner als die mittelalterliche Stadt, zu der sich Oxford „wenig“ später entwickelte.
Der leitende Projektmanager Ben Ford bezeichnete die Entdeckung in einer ersten Stellungnahme als „äußerst aufregend“. Mit dem Fund scheint sich schließlich auch ein Kreis zu schließen, den Vorgänger seines Fachs bereits 1899 aufmachten.
Damals wurde nämlich bei Ausgrabungen außerhalb der Bodleian Library ein Mauerabschnitt freigelegt, von dem vage angenommen wurde, es könne sich um die nordöstliche Ecke der ursprünglichen Stadt handeln. Nur hätte man sich dann eben von arrivierten Größenvorstellungen Oxfords verabschieden müssen.
Die Archäologen waren schon vor fast 130 Jahren auf der richtigen Fährte
Die aktuelle Entdeckung am Oriel College scheint die ursprüngliche östliche Verteidigungslinie nun aber zu bestätigen. Das heißt, dass die Archäologen schon vor fast 130 Jahren auf der richtigen Fährte waren. Ziemlich faszinierend.
Bekannt war hingegen, dass Oxford einst Teil eines Verteidigungsnetzwerks in den angelsächsischen Königreichen Mercien und Wessex gegen die Bedrohung durch die Wikinger war. Auch hierzu liefern die neuen Funde wichtige Informationen.
Laut Ben Ford verleihen die Resultate der jüngsten Ausgrabung der Theorie „Glaubwürdigkeit, dass das frühe befestigte Oxford einen quadratischen Umfang hatte, der von den Angelsachsen nach dem Vorbild ummauerter römischer Städte wie Winchester errichtet wurde“.
Der gefundene Graben dürfte vorläufigen Schätzungen zufolge über 3 Meter tief und etwa 20 Meter breit gewesen sein. Weitere Überreste der Verteidigungsanlagen scheinen jedoch nicht mehr zu existieren, da Überbauungen und Ablagerungen den Graben über die Jahrhunderte wohl unkenntlich machten.
„Im Kontext der Bedrohung durch die Wikinger im 9. und 10. Jahrhundert zu verstehen“
In dem ehemaligen Grabenkomplex konnten allerdings Fragmente verkohlter Pflanzen geborgen und datiert werden. Die organischen Relikte bestätigten, dass die Anlage um 880 bis 950 n. Chr. angelegt wurde. Also etwa zu der Zeit, die mit der Gründung von Oxford assoziiert wird.
„Wir hoffen, dass weitere Untersuchungen ein genaueres Datum ergeben und diese grundlegende Frage nach den Ursprüngen unserer modernen Stadt beantworten werden“, teilte Ben Ford in einem Interview gegenüber der BBC mit.
Auch David Radford, Archäologe des Stadtrats von Oxford, sprach von einem „wirklich bedeutenden Durchbruch“, der dabei helfe, die Entstehung und Entwicklung Oxfords „im Kontext der Bedrohung durch die Wikinger im 9. und 10. Jahrhundert“ besser zu verstehen.
Die Ausgrabungen am Oriel College, durchgeführt von Oxford Archaeology, fanden im Rahmen von Renovierungsarbeiten an einer Küche und einer angrenzenden Bar statt. Gut, dass manchmal erst Dinge erneuert werden müssen, um den Blick in die Historie freizugeben.