Wissenschaftler plädieren für wärmeres Lichtdesign
Studie aus England: Moderne Autoscheinwerfer beschleunigen Insektensterben
Motten spielen eine wichtige Rolle als Bestäuber, Schädlinge und Beutetiere. In Großbritannien gibt es mehr als 2.500 Arten, die teils stark rückläufige Populationen aufweisen – ein weltweites Phänomen. Lichtverschmutzung gilt als eine Ursache dieses Rückgangs, wobei bisher vor allem Straßenlaternen im Fokus der Forschung standen.
Kühles, weißes Licht, wie es in modernen Autoscheinwerfern verwendet wird, gefährdet Motten, indem es ihr Flugverhalten stört, so eine neue Studie. Wissenschaftler der Universität Exeter testeten das Verhalten von Motten mit kurzen Lichtimpulsen, die Autoscheinwerfer simulierten.
Die Ergebnisse zeigten, dass „kühle“ weiße phosphorbeschichtete LEDs Motten blenden und ihr Flugverhalten erheblich beeinträchtigen. Motten, die diesem Licht ausgesetzt waren, flogen zu 80 % häufiger unregelmäßig oder in Richtung der Lichtquelle als Motten unter anderen Lichtbedingungen, und sogar 25-mal häufiger als eine Kontrollgruppe ohne Lichteinwirkung.
Moderne Autoscheinwerfer jedoch erzeugen intensive Lichtblitze entlang der Straßennetze, die auch in entlegene und sogeannte Dark Sky-Gebiete hineinwirken.
Insekten brauchen mehrere Minuten, um ihre Pupillen an grelles Licht anzupassen
„Fahrzeugscheinwerfer werden immer heller und blauer“, erklärt Dr. Jolyon Troscianko vom Centre for Ecology and Conservation auf dem Penryn-Campus der Uni Exeter in Cornwall.
„Während sich die Pupillen von Menschen in weniger als einer Sekunde an grelles Licht anpassen können, dauert dieser Prozess bei Insekten oft Dutzende von Minuten – eine potenziell gefährliche Anfälligkeit.“
„Falter, die auf Autoscheinwerfer zufliegen, können bei einem Zusammenstoß getötet werden, während unregelmäßiger Flug auch Energie verschwendet und die Gefahr durch Raubtiere wie Fledermäuse erhöhen kann“, erklärt Troscianko weiter.
„Viele Falter sind nachts nur sehr kurz aktiv, so dass diese Störung ihre Fähigkeit beeinträchtigen könnte, Nahrung zu finden und sich zu paaren.“
Der Versuchsaufbau
Das Forschungsteam fing und ließ 428 Falter aus 64 verschiedenen Arten auf dem Penryn Campus frei, nachdem jeder Falter unmittelbar vor der Freilassung für 10 Sekunden einer der folgenden Bedingungen ausgesetzt worden war:
- „Kühle“ (blau verschobene) weiße, phosphorbeschichtete LEDs.
- „Warme“ (bernsteinfarbene) weiße, phosphorbeschichtete LEDs.
- „Kühle“ RGB-LEDs (Rot-Grün-Blau) – Licht von drei LEDs in verschiedenen Farben.
- „Warme“ RGB-LEDs.
- Kein Licht (Kontrollgruppe).
Nach der Freilassung flogen die Falter der Kontrollgruppe meist entweder nach oben oder unten. Dagegen tendierten Motten, die kühlen, phosphorbeschichteten LEDs ausgesetzt waren, eher dazu, in Richtung des Lichts zu fliegen oder sich in engen Kreisen zu bewegen – ein Verhalten, das ohne künstliche Beleuchtung selten auftritt.
Wissenschaftler plädieren für wärmeres Lichtdesign
„Die negativen Auswirkungen auf Motten könnten deutlich verringert werden, wenn wir einfach zu wärmeren LED-Lichtfarben oder einer anderen LED-Technologie wechseln“, sagte Madeleine Fabusova, Co-Autorin der Studie.
„Phosphorbeschichtete kühle LEDs erwiesen sich als schädlicher im Vergleich zu RGB-LEDs, die für das menschliche Auge eine ähnliche weiße Farbe erzeugen. Unsere Ergebnisse waren bemerkenswert konsistent über verschiedene Mottenarten hinweg“, so Fabusova.
„Eine Reduzierung des blauen Spektrums in Scheinwerfern könnte daher Motten und den von ihnen bestäubten Pflanzen zugutekommen, sowie den Tieren, die sich von Motten ernähren.“
Professor Kevin Gaston vom Institut für Umwelt und Nachhaltigkeit der Universität Exeter kommentierte den Trend zu helleren, blaueren Scheinwerfern:
„Diese blauen Lichter bieten keinen Sicherheitsvorteil gegenüber Lichtern mit mehr Rot und Grün – der aktuelle Trend scheint von den Autoherstellern getrieben zu sein. Autohersteller, Verbraucher und politische Entscheidungsträger könnten gemeinsam eine einfache Veränderung bewirken, um die Auswirkungen auf die Natur zu minimieren.“
Die Sudie mit dem Titel “Pulsed artificial light at night alters moth flight behaviour” („Gepulstes künstliches Licht in der Nacht verändert das Flugverhalten von Motten“) erschien in der Zeitschrift Biology Letters.