„Brauchen Tiefe und Masse“
Britischer Armee droht im Kriegsfall in 6 Monaten die Auslöschung
Harte Ansage des britischen Verteidigungspolitikers Alistair Carns. Für ihn steht fest: Sollte die britische Armee gezwungen sein, einen militärischen Konflikt in der Größenordnung des Ukraine-Kriegs auszufechten, würde ihr innerhalb von 6 bis 12 Monaten die Auslöschung drohen.
Diese drastische Einschätzung gab er in einer Rede bei einer Konferenz des Royal United Services Institute in London ab. Carns, ein ehemaliger Oberst der Royal Marines, betonte die Bedeutung von „Tiefe und Masse“, die im Falle einer Krise schnell generiert werden müsse.
„Das bedeutet nicht, dass wir eine größere Armee brauchen. Aber es bedeutet, dass man im Falle einer Krise schnell und groß rekrutieren muss“, sagte Carns. Laut ihm erleidet Russland derzeit tägliche Verluste von etwa 1.500 getöteten oder verletzten Soldaten im Ukraine-Krieg.
Würden britische Streitkräfte vergleichbare Verluste erleiden, wäre ihre Einsatzfähigkeit im Rahmen einer multinationalen Koalition innerhalb von 6 Monaten bis zu einem Jahr erschöpft. Die aktuellen Kapazitäten der britischen Armee unterstreichen diese Einschätzung.
„Die Reservisten sind für diesen Prozess von entscheidender Bedeutung“
Offiziellen Zahlen zufolge verfügte die britische Armee am 1. Oktober über 109.245 Mitarbeiter, darunter 25.814 freiwillige Reservisten. Carns sieht in den Reservisten einen entscheidenden Schlüssel zur Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit.
„Die Reservisten sind für diesen Prozess von entscheidender Bedeutung, absolut zentral. Ohne sie können wir keine Masse generieren, wir können die Fülle an Verteidigungsaufgaben nicht bewältigen“, so Carns weiter.
Der Zustand der britischen Streitkräfte ist seit Jahren ein politisches Stressthema. Der offizielle Sprecher des Premierministers verwies auf frühere Investitionen der Regierung und die laufende strategische Überprüfung der Verteidigung.
Milliarden Pfund seien in den letzten Jahren in die Modernisierung der Streitkräfte geflossen, um deren Fähigkeiten und Kapazitäten zu sichern. Doch die Opposition kritisierte die konservative Regierung wiederholt scharf.
Labour-Chef Keir Starmer – heute selbst in Verantwortung – warf den Konservativen vor, die britische Armee auf ihre kleinste Größe „seit Napoleon“ reduziert zu haben. Tatsächlich ist die Zahl der Streitkräfte in den letzten 14 Jahren stetig gesunken.
Der damalige Verteidigungsminister Ben Wallace verteidigte im Jahr 2021 die Kürzungen mit den Worten: „Wenn sich die Bedrohung ändert, ändern wir uns mit ihr. Es ist wirklich wichtig, dass wir uns von der Bedrohung leiten lassen und nicht von Sentimentalität.“
2023 lagen die Verteidigungsausgaben Großbritanniens bei 2,2 Prozent des BIP
Der anhaltende Krieg in der Ukraine und die Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident sorgen für neue Diskussionen über die Notwendigkeit erheblich erhöhter Verteidigungsausgaben. Trump hat signalisiert, dass er die Unterstützung der USA für die Ukraine möglicherweise beenden wird, was die europäischen NATO-Verbündeten zwingen würde, die Lücke zu füllen.
2023 lagen die Verteidigungsausgaben Großbritanniens bei 2,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), was das NATO-Ziel von 2 Prozent übertrifft, jedoch weit hinter den 3,5 Prozent zurückbleibt, die die USA pro Jahr stemmen.
Eine kürzlich veröffentlichte NATO-Studie deutet darauf hin, dass Großbritannien seine Armee durch Investitionen in Technologie und Cyberabwehr modernisieren könnte, um die Personalrückgänge zumindest teilweise zu kompensieren.
Klar ist nach der Ansage von Verteidigungsministers Alistair Carns: Ohne umfassende Reformen und Investitionen würde der britischen Armee in einem groß angelegten Konflikt ein bitteres Schicksal drohen. Damit ist sie allerdings nicht allein.