„Wohl der Höhepunkt neolithischer Bautechnik“
Schottland / Orkney: 5.000 Jahre alte Riesen-Grabkammer entdeckt – auf Privatgelände in Holm
Die „jüngere“ Geschichte dieser uralten Grabstätte auf Orkney ist mehr als außergewöhnlich. Denn vor ungefähr 130 Jahren wurde sie historischen Aufzeichnungen zufolge von – nennen wir es – profitorientierten Antiquitätenhändlern nicht nur geöffnet, sondern auch weitestgehend zerstört.
Bilder 1 bis 4: National Museum Scotland / Cardiff University
So sehr, dass die Lage der Stätte in der Gemeinde Holm bis zuletzt unauffindbar war. Daher war es schon Überraschung genug, dass vor wenigen Tagen Archäologen des National Museum Scotland (NMS) und der Universität Cardiff vermeldeten, die Gräber wiederentdeckt zu haben.
Die Experten waren eigens in die 15 Kilometer südlich von Kirkwall liegende Gegend auf East Mainland angerückt, um den seit Ende des 19. Jahrhunderts verschollenen Standort ausfindig zu machen. Es handelte sich also explizit nicht um einen zufälligen Grabfund.
Zur nicht minder großen Überraschung der Experten fanden sich trotz der Verwüstung im Inneren der Stätte 14 weitgehend „intakte“ Skelette von Männern, Frauen und Kindern, die den Angaben zufolge um das Jahr 3000 vor Christus sauber aufgebahrt worden waren.
Eine DNA-Analyse soll nun zeigen, ob es sich bei den Bestatteten um Verwandte handelte – und woher sie ursprünglich stammten. Es wurden auch einzelne Stücke menschlicher Knochen gefunden. Zudem Keramik, Steinwerkzeuge und eine aus Knochen geschnitzte Nadel.
Eine in dieser Konstellation „unglaublich seltene“ Grabstätte
Bei der dreiwöchigen Ausgrabung unter der Leitung von Dr. Hugo Anderson-Whymark von der NMS und Professor Vicki Cummings von der Uni Cardiff wurden Spuren eines Steinhügels mit einem Durchmesser von stattlichen 15 Metern freigelegt, der einen 7 Meter langen Gang enthielt.
Nach Angaben der Archäologen befand sich in der Mitte des Steinhügels eine Steinkammer, die von sechs kleineren Kammern umgeben war. In dieser Konstellation handelt es sich um die Überreste einer „unglaublich seltenen“ Grabstätte, wie die Archäologen nun bekanntgaben.
Man geht davon aus, dass es sich um einen Grabtyp handelt, der bisher nur wenige Male auf den Orkney-Inseln gefunden wurde, die für ihre neolithische Archäologie berühmt sind. Mehr noch: Dieser Fund scheint per se so etwas wie der Höhepunkt der neolithischen Grabbautechnik zu sein.
Dr. Anderson-Whymark sagte: „Dieser Fund ist äußerst aufregend. Die Orkney-Inseln sind zwar bekanntermaßen reich an archäologischen Funden, aber wir hätten nie erwartet, bei einer so kleinen Ausgrabung ein Grab von dieser Größe zu finden.“
Und weiter: „Es ist unglaublich, dass dieses einst beeindruckende Monument fast spurlos verschwunden ist, aber glücklicherweise ist gerade so viel Mauerwerk erhalten geblieben, dass wir die Größe, Form und Konstruktion dieses Grabes verstehen können.“
Schlummern in der Gemeinde Holm noch weitere vergleichbare Stätten – und Skelette?
Scheinbar wurde ein Teil der Steine nach der Grabschändung auch noch für den Bau eines nahegelegenen Bauernhauses verwendet. Wie eingangs geschrieben: Die Geschichte dieser Stätte ist mehr als außergewöhnlich.
Hinzu kommt, dass man die Stätte nicht für ein Unikat hält. Nach Einschätzung der Experten kann es möglicherweise sogar gelingen, in der Gemeinde Holm selbst noch weitere vergleichbare Stätten und Skelette zu finden.
In der Hoffnung der Forscher ist es also fast so, als habe sich mit der Wiederentdeckung ein Tor in die neolithische Vergangenheit geöffnet. Weitere Grabungen sollen nun klären, ob aus dem archäologischen Wunsch auch Realität wird.
Und die Besitzerin des Privatgrundstücks, auf dem die Grabkammer entdeckt wurde? Ann Muir, so ihr Name, teilte gegenüber der BBC mit, wie sehr sie diese Sache begeistere. „Es ist absolut bemerkenswert, so etwas auf dem eigenen Land zu haben.“ Da ist was dran.