„Historische Quellen sind dünn gesät“
England: Angelsächsisches Gräberfeld (6. Jh.) bei Bauarbeiten an Unterwasser-Stromkabel entdeckt
Englische Archäologen sind bei Ausgrabungen im Zuge von Bauarbeiten am britisch-dänischen „Viking Link“-Unterwasser-Stromkabel auf ein spannendes Gräberfeld aus der angelsächsischen Epoche gestoßen. Es wurden Spuren eines Ringgrabens und insgesamt 23 Grabstätten entdeckt.
Hinzu kommen zahlreiche Grabbeigaben wie Messer, Schmuck und Keramikgefäße. Die Analyse von rund 250 der geborgenen Gegenstände deutet darauf hin, dass das Gräberfeld im 6. und 7. Jahrhundert nach Christus genutzt wurde.
Professorin Alice Roberts von der Universität in Birmingham: „Die Mitte des ersten Jahrtausends ist in Großbritannien eine rätselhafte Zeit, historische Quellen sind dünn gesät. Daher sind alle Funde aus dieser Zeit sehr wertvoll und helfen uns zu verstehen, was damals geschah.“
Unter den Bestatteten befindet sich beispielsweise ein Mädchen im Teenageralter, das auf der Seite liegend gefunden wurden. Man bestattete es damals mit Goldanhängern, einer ringförmigen Fibel, Glasperlen und einem Silberanhänger mit Bernsteinfassung.
„Wir fanden wirklich schöne Grabbeigaben. Aber ich kann es kaum erwarten, durch die Analyse der Knochen und Zähne mehr über die Personen selbst herauszufinden“, teilte Prof. Roberts in einem Medienstatement mit. Das dürfte in der Tat spannend werden.
Ziel ist, die familiären Beziehungen zwischen den Bestatteten zu ermitteln
Im nächsten Schritt ist geplant, Isotopen- und DNA-Analysen an den Skelettresten durchzuführen. Hierdurch sollen die familiären und genetischen Beziehungen zwischen allen Bestattungen auf dem Friedhof ermittelt werden.
Zudem erhoffen sich die an dem Projekt beteiligten Forscher durch die neuen Analyseverfahren mehr Informationen über die damalige Mobilität der Verstorbenen innerhalb der frühmittelalterlichen Gesellschaft Großbritanniens und – nicht zuletzt – ihre Ernährung.
Jacqueline McKinley, leitende Osteoarchäologin bei Wessex Archaeology: „Bei früheren Funden dieser Art lag der Fokus meist auf den Grabbeigaben und nicht auf den dort bestatteten Menschen. Im vorliegenden Fall hilft uns der wissenschaftliche Fortschritt, das zu ändern.“
Hintergrund: Das Viking Link-Unterwasserkabel ist Ende 2023 in Betrieb genommen worden. Es verläuft von Revsing im dänischen Sydjylland nach Bliner Fen in der Grafschaft Lincolnshire, wo auch das angelsächsische Gräberfeld entdeckt worden ist.