Mithilfe von KI
„Unglaublicher Moment“: Antike Schriftrolle nach 2.000 Jahren entziffert
Forscher aus England haben den Inhalt einer antiken Schriftrolle entschlüsselt, die beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. verkohlt wurde. Die Rolle stammt aus einer römischen Villa in Herculaneum, die mutmaßlich dem Schwiegervater von Julius Cäsar gehörte.
![Vesuv Schrift](https://www.nordisch.info/wp-content/uploads/2025/02/Vesuv.jpg)
Die dort entdeckte Bibliothek umfasst Hunderte von Schriftrollen. Doch das Material war so stark verkohlt, dass die Tinte mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen war. Frühere Versuche, die empfindlichen Papyri zu entrollen, führten meist dazu, dass sie zu Staub zerfielen.
Die nun untersuchte Schriftrolle, PHerc. 172, gehört zur Sammlung der Bodleian Library in Oxford. Mithilfe eines speziellen Verfahrens wurde sie virtuell entrollt. Dabei kamen 3D-Röntgenaufnahmen zum Einsatz, die es ermöglichten, mehrere Textspalten sichtbar zu machen.
Experten haben bereits erste Wörter identifiziert, darunter das altgriechische διατροπή, das so viel wie „Ekel“ bedeutet. „Wir sind begeistert von den Fortschritten bei der Bildgebung dieser Schriftrolle aus den Bodleian Libraries“, erklärte Dr. Brent Seales, Mitbegründer der Vesuvius Challenge.
Entzifferung ein historischer Durchbruch
Der Wettbewerb hat maßgeblich dazu beigetragen, die digitalen Techniken zur Entzifferung der verkohlten Rollen zu verbessern. Richard Ovenden, Leiter der Bodleian Library, sieht in der Entzifferung einen historischen Durchbruch:
![Vesuv Schrift 1](https://www.nordisch.info/wp-content/uploads/2025/02/Vesuv1.jpg)
![Vesuv Schrift 1](https://www.nordisch.info/wp-content/uploads/2025/02/Vesuv1.jpg)
„Es ist ein unglaublicher Moment, in dem Bibliothekare, Informatiker und Altertumsforscher gemeinsam das Unsichtbare sichtbar machen. Die Fortschritte bei Bildgebung und KI ermöglichen uns, Schriftrollen zu lesen, die fast 2.000 Jahre lang im Dunkeln lagen.“
Das Oxford-Dokument, das im 19. Jahrhundert von Ferdinand IV., König von Neapel und Sizilien, gespendet wurde, weist eine besonders gut erkennbare Tinte auf. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Schriftrolle mit einer dichteren Tintenmischung verfasst wurde.
Im vergangenen Jahr hatte ein Team aus drei Studenten – Youssef Nader aus Deutschland, Luke Farritor aus den USA und Julian Schilliger aus der Schweiz – den Hauptpreis der Vesuvius Challenge gewonnen. Ihnen gelang es, über 2.000 griechische Buchstaben auf einer anderen Herculaneum-Schriftrolle zu entziffern.