Bei Ausgrabungen nahe Hadrianswall
England: Freiwillige Helferin findet gleich am ersten Tag „atemberaubende“ römische Skulpturen
Wenn das mal kein Glücksfall ist! Eine Krankenschwester im Ruhestand, die zu Beginn der Woche als freiwillige Helferin bei einer archäologischen Ausgrabung in der Nähe des Hadrianswalls mitwirkte, hat gleich in den ersten Stunden ihrer Suche das ganz große Los gezogen.
Sie stieß in ihrem Suchbereich auf zwei römische Kopfskulpturen aus dem späten 2. oder frühen 3. Jahrhundert nach Christus. Die Artefakte aus Sandstein sind jeweils etwa dreimal so groß wie ein menschlicher Kopf, gefunden eher beiläufig – am Rand einer ehemals gepflasterten Straße.
Der leitende Archäologe Frank Giecco von Wardell Armstrong zu der Entdeckung: „Man kann als Forscher 30 Jahre lang im Boden suchen und nichts finden – oder eben so. Die Entdeckerin kommt aus den USA und nimmt tatsächlich zum ersten Mal an einer archäologischen Ausgrabung teil.“
Da passt es dann, dass sich nach ersten Analysen andeutet: Eine der beiden Skulpturen könnte die Glücksgöttin Fortuna darstellen. Weitere Untersuchungen in den kommenden Wochen müssen diesbezüglich aber noch Klarheit bringen.
Fundort ist das Gelände eines Cricket-Clubs in der Stadt Carlisle, die einst einer der bedeutendsten Außenposten hoch im Norden des Römischen Reichs war. Gegraben wurde und wird dort aktuell nach den Überresten eines ehemals großen Badehauses.
Überwältigte Finderin: „Wir haben kollektiv geschrien, als uns das klar wurde.“
Die gefundenen Köpfe reihen sich ein in eine inzwischen lange Liste römischer Artefakte, die im Bereich der Stätte seit Beginn der Ausgrabungen im Jahr 2021 gefunden wurden. Derzeit arbeitet dort ein Team von Archäologen, das laut Independent von etwa 400 Freiwilligen unterstützt wird.
In einem Interview äußerte sich die Finderin wie folgt zu ihrem Glücksmoment: „Einige Leute sagten: Das ist nichts, nur ein Stein. Aber ich war neugierig und dachte, vielleicht ist es das nicht. Nach und nach konnte ich dann die Umrisse eines Auges, einer Nase und von Lippen ertasten.“
Und weiter: „Auf einmal konnte man sehen, dass es ein Gesicht war. Wir haben kollektiv geschrien, als uns das klar wurde.“ Zwar ist die Herkunft der Skulpturen noch offen. Es wird aber angenommen, dass sie Teil riesiger Skulpturen waren, die womöglich in dem Badehaus standen.
Das Kastell, zu dem das Badehaus gehörte, beherbergte damals eine Art Eliteeinheit. Bereits zuvor gefundene Kacheln mit kaiserlichen Insignien weisen auf die Opulenz des Komplexes hin, dessen Geheimnisse in den kommenden Wochen noch weiter gelüftet werden sollen.
Anfang dieses Jahres hat dasselbe Archäologenteam auf der Stätte bereits Halbedelsteine aus dem Abfluss des Badehauses geborgen. Ein kleiner Schatz, den dort vor fast 2.000 Jahren wahrscheinlich jemand verloren und nicht mehr wiedergefunden hat.
Laut Giecco könnten die gefundenen Kopfskulpturen in einer regionalen Bildhauerei hergestellt worden sein. „Sie sind eher provinziell und nicht mit einer Marmorstatue zu vergleichen, wie man sie in Rom finden würde. Aber für einen Grenzposten wie Carlisle ist das äußerst bemerkenswert.“
Es heißt, bei der Ausgrabung herrsche nun Euphorie. „Wer weiß, was noch alles auftauchen wird. Das erhöht den Status dieser Stätte schon jetzt immens“, sagt der Leiter. Naheliegendes Ziel wäre nun, den Rest der Skulpturen zu finden. Am Cricket Club in Carlisle rechnet man mit aufregenden Wochen.