Widerstand gegen neue Erkenntnisse
Archäologie: Makabre Pferdeopfer in „heiligen“ Mooren nur ein Mythos
Seit den 1950er Jahren glauben Archäologen, dass in der nordischen Eisenzeit Pferde in sogenannten heiligen Mooren geopfert und an Stöcken aufgehängt wurden. Doch eine neue Untersuchung stellt diese Theorie in Frage. Die dänische Archäologin Pernille Pantmann, die seit fast 20 Jahren Moorfunde untersucht, hat die Beweise unter die Lupe genommen – mit überraschenden Ergebnissen.
Ein Mythos wird entzaubert
„Die Erzählung vom Pferden, die in Mooren geopfert worden sein sollen, ist seit Jahrzehnten ein starkes Markenzeichen für eisenzeitliche Opferpraktiken, aber das macht sie nicht wahrer“, erklärt Pantmann, Kuratorin vom Museum Nordsjælland.
„Die archäologischen Beweise sind in den letzten Jahren erweitert worden und passen einfach nicht mehr zu dem Narrativ, dass Pferde auf Stöcken geopfert wurden – oder dass sie notwendigerweise wichtiger waren als andere Tiere“, sagt sie weiter in einem Artikel der Zeitschrift Gefjon (Ausgabe vom 25. November 2024).
Ihre Forschungen basieren auf einer umfassenden Analyse von Tierknochen aus eisenzeitlichen Feuchtgebieten. Dabei zeigte sich, dass Pferde im Vergleich zu anderen domestizierten Tieren keine herausragende Rolle einnahmen – entgegen der lange verbreiteten Annahme. Ebenso gibt es keinerlei Beweise für die angebliche Praxis, Pferde in Mooren zu opfern und sie auf Stöcken aufzuhängen.
Die Vergangenheit neu betrachten
Pantmanns Forschung rüttelt an traditionellen Vorstellungen über das religiöse Leben der Eisenzeit, das vor etwa 2.000 Jahren eng mit dem Alltag der Menschen verflochten war. Rituale fanden nicht nur in Mooren, sondern auch in Siedlungen und anderen Kontexten statt.
„In der Archäologie halten wir oft an alten Kategorien fest, die die Welt in Siedlungen, Gräber und Opferstätten einteilen. Aber diese klare Trennung spiegelt die Realität nicht wider“, sagt Pantmann.
Ihre Forschung zeigt, dass religiöse Praktiken nicht auf bestimmte Orte beschränkt waren, sondern in viele Lebensbereiche integriert wurden.
Widerstand gegen neue Erkenntnisse
Die Archäologin räumt ein, dass ihre Ergebnisse auf Widerstand stoßen könnten.
„Manche finden es vielleicht frustrierend, dass ich grundlegende Annahmen infrage stelle“, erklärt sie. „Aber wenn die archäologischen Funde eine gängige Theorie nicht unterstützen, müssen wir diese Theorie überdenken.“
Neue Perspektiven auf die Eisenzeit
Obwohl Pantmann eine bekannte Geschichte der Eisenzeitarchäologie widerlegt, sieht sie darin keinen Verlust.
„Ich habe zwar eine alte Erzählung zerstört, aber sie durch neue, spannende Geschichten ersetzt, die uns einen differenzierteren Blick auf die Vergangenheit ermöglichen“, betont sie.
Ihre Forschung fordert nicht nur den Mythos der Mooropfer heraus, sondern wirft auch ein neues Licht auf die religiösen und kulturellen Praktiken der Eisenzeit – ein Schritt, der die Archäologie zu einem besseren Verständnis der damaligen Lebenswelt führt.
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