„Schön, so klare Antworten zu erhalten“
Norwegen: Massive Teile von Königshafen aus dem 13. Jh. entdeckt – metertief im Schlick
Bei archäologischen Ausgrabungen in Oslo wurden im Frühjahr 2023 massive Überreste eines mittelalterlichen Hafens freigelegt – metertief im Schlick. Nach Abschluss der Untersuchungen ist nun klar, dass es sich um einen königlichen Schiffsanleger aus dem 13. Jahrhundert handelte.
Fotos 1 bis 4: Norsk institutt for kulturminneforskning (NIKU)
Mithilfe von Holzproben konnte ein Team des Norwegischen Instituts für Kulturerbeforschung (NIKU) den Zeitraum der Fällung der Bäume eindeutig auf die Jahre 1287 und 1288 datieren. Für die Forscher hätte es kaum besser laufen können.
„Es ist schön, so klare Antworten wie diese zu erhalten, die Datierung ist kristallklar“, teilte Archäologe Håvard Hegdal vom NIKU mit. „Es hat sich herausgestellt, dass das Holz aus der ältesten Periode stammt, die wir für möglich gehalten haben.“
Und zwar aus der Periode von König Håkon V., der unter anderem dafür bekannt ist, dass er Oslo im Jahr 1314 zur Hauptstadt seines norwegischen Reichs machte. Nach Ansicht der Forscher muss er während seiner Regentschaft von 1299 bis 1319 auch für den Bau der Anlegestelle verantwortlich gewesen sein.
Dazu passend: Der Kai erstreckte sich in gerader Linie vom damaligen königlichen Anwesen in Oslo aus. Und klar, er wurde wohl auch deshalb so massiv gebaut, weil Håkon darin eine willkommene Chance sah, Macht und Größe zu demonstrieren.
Allerdings schien sich die Funktion des Hafens schon Jahrzehnte später überholt zu haben. „Ende des 14. Jahrhunderts war er definitiv nicht mehr in Gebrauch, denn wir fanden einen großen Anker mitten auf dem Anleger. Wenn dort Boote ihre Anker warfen, war es kein (königlicher) Kai mehr“, erklärt Hegdal.
Den Archäologen des NIKU war bekannt, dass dort tief im Erdboden etwas schlummerte
Unter dem dichten Lehm des Meeresbodens im Oslofjord sind die Fundamente der Anlegestelle bis zu ihrem Fund im März auf einer Länge von mehr als 30 Metern in ausgezeichnetem Zustand erhalten geblieben. Das zeigen auch die Bilder oben.
Die Archäologen des NIKU wussten aufgrund von Voruntersuchungen, dass dort tief im Erdboden etwas schlummerte. Nur waren Art und Ausmaß der Stätte eben nicht bekannt. Erst durch die Ausgrabung zeigte sich das wahre Bollwerk, zu dem die Stämme zusammengebunden waren.
Nach der Schließung des Hafens wurden die Fundamente durch die darauf errichteten Strukturen immer tiefer in den Lehm gedrückt. Im März erschien das alles noch nebulös, da die Archäologen im Lehm um die Baumstämme Schichten von Lebensmittelabfällen gefunden hatten.
„Das ist sehr rätselhaft“, sagte Hegdal im März dieses Jahres. „Wie ist das in eine geschlossene Konstruktion gekommen? Es sollte eigentlich nicht möglich gewesen sein, Essensreste und andere Dinge hierher zu werfen.“
Nun ist klar, dass sich die Abfälle mit der zunächst ungeahnt kurzen Nutzung des Hafens erklären lassen. „Möglicherweise hatte der königliche Kai eine recht kurze Lebensdauer“, hatte Hegdal im Frühjahr 2023 korrekt gemutmaßt.
Hintergrund: Håkon V. – geboren 1270, verstorben 1319 – wurde am 1. November 1299 nach dem Tod seines älteren Bruders König von Norwegen. Er war der zweite Sohn von König Magnus VI. Lagabøte Håkonsson und galt als äußerst gebildet. Unter anderem konnte er Reden auf Latein halten.