Entscheidung des Stadtrats in Tõrva
Mausoleum von russischem Feldmarschall in Estland bleibt geöffnet
Aktuell gibt es keine Pläne, das Mausoleum des russischen Feldmarschalls Barclay de Tolly (1761 – 1818) in Tõrva im Süden von Estland zu schließen. Dagegen wird er in der lettischen Hauptstadt Riga als Statue vom Sockel gerissen.
Dass man dem Beispiel Rigas nicht folgen wolle, gab der Stadtrat von Tõrva diese Woche bekannt. Der Leichnam von Barclay de Tolly liegt zusammen mit dem seiner Frau in dem Mausoleum, das bei Touristen laut ERR.ee nach wie vor beliebt ist.
Maido Ruusmann, Vorsitzender des Stadtrats von Tõrva, sagte in einem Interview: „Beim Blick in die Geschichte muss es Grenzen geben. Wenn wir Barclay de Tolly als Person betrachten, war er ein Militärbefehlshaber baltisch-deutsch-schottischer Herkunft, der dem zaristischen Russischen Reich diente.“
Es sei jedoch auch wichtig zu verstehen, weshalb sich sein Mausoleum im Süden Estlands befindet. „Barclay de Tolly besaß das Gut Jõgeveste und wollte hier leben. Bemerkenswert an seiner Geschichte ist auch, dass er die estnische Sprache erlernt haben soll“, so Ruusmann weiter.
„Er ist nicht mit den tragischen Ereignissen in unserer Geschichte verbunden“
Barclay de Tolly habe viele Verbindungen zu Estland gepflegt, sagte dazu auch Hellar Lill, Historiker und Direktor des Estnischen Kriegsmuseums: „Er ist nicht mit den tragischen Ereignissen in unserer Geschichte verbunden.“
„Barclay de Tolly, der hier unter uns weilt, symbolisiert einen wichtigen Teil der Weltgeschichte – die Napoleonischen Kriege – direkt vor unserer Haustür“, fuhr Hellar Lill fort. In dieser Frage jedenfalls scheint man in Estland und Lettland nicht einer Meinung zu sein.
Sowohl Lettland als auch Estland haben zuletzt immer wieder Denkmäler und Symbole aus der Sowjetzeit aus dem öffentlichen Raum entfernt, nachdem Russland im Februar 2022 seine groß angelegte Invasion in der Ukraine startete.
Hintergrund: Bekanntheit erlangte Barclay de Tolly während Napoleons Russlandfeldzug 1812. Er entwickelte die erfolgreiche Strategie, den Feind durch langsamen Rückzug und das gleichzeitige Zerstören kriegswichtiger Versorgungslinien und Infrastruktur entscheidend zu schwächen.
