Tourismus-Kick aus der Bronzezeit
Nach 3400 Jahren: Kehrt das Egtved-Mädchen in seine Heimat zurück?
In der dänischen Gemeinde Egtved ist eine Diskussion im Gange, die weit in die Bronzezeit zurückreicht. Genau gesagt 3400 Jahre zurück, als in der Region ein Mädchen geboren wurde, das Jahrtausende später Archäologie-Geschichte schrieb.
Im Jahr 1921 fand ein Bauer auf seinem Feld in der Gemeinde einen Eichensarg mit den Überresten einer jungen Frau, die heute als das Egtved-Mädchen bekannt ist. Den Untersuchungen zufolge muss sie 16 bis 18 Jahre alt gewesen sein, als sie verstarb und beigesetzt wurde.
Übrig geblieben sind neben dem Holzsarg gute Teile ihrer Kleidung, ihr Haar, ihr Hirn, ihre Zähne, ihre Nägel und etwas Haut. Der Fund war und ist so spektakulär, dass das Egtved-Mädchen längst zu den Highlights der Ausstellung im Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen gehört.
Bloß: Von Egtved bis in die dänische Hauptstadt sind es ein paar Kilometer, was nun eine Diskussion in Gang gebracht hat, wohin der Fund letztlich gehört. Rune Bønnelykke, Mitglied des Stadtrats der Kommune Vejle, hat dazu eine klare Meinung:
„Es ärgert mich, dass sie in Kopenhagen ausgestellt ist. Ich finde, dass sie nach Egtved gehört und zurückkehren sollte, um der Gegend und sich selbst eine gewisse Authentizität zu verleihen. Das würde auch den Tourismus ankurbeln“, sagt er.
Auch laut Signe Lykke Littrup, Philosophin und Kulturhistorikerin, ist die Idee, das Egtved-Mädchen zurückzuholen und so nebenbei etwas für den Tourismus in der Kommune Vejle zu tun, keineswegs von der Hand zu weisen.
“Durch den Umzug hat der Ort einen Teil seiner Geschichte verloren“
„Es ist definitiv wahr. Wenn man so etwas macht und gut kommuniziert, dann kurbelt das natürlich den Tourismus an. Weil der Ort dann auf einmal auf der Landkarte erscheint und die Leute erkennen, welchen historischen Wert er hat“, sagt sie.
Aber nicht nur die Besucherzahlen der Kommune Vejle würden von der Rückkehr des Egtved-Mädchens profitieren. Nach Ansicht von Signe Lykke Littrup käme ein Umzug aus Kopenhagen auch dem Mädchen selbst zugute.
„Durch den Umzug hat der Ort einen Teil seiner Geschichte verloren. Zugleich wurde das Egtved-Mädchen zu einer kontextlosen Attraktion. So hat man beiden Seiten eine enge Verbindung genommen, was schade ist“, schlussfolgert Littrup.
Da passt, dass bis Ende 2025 ein neues Besucherzentrum an der Grabstätte in Egtved entstehen soll. „Es wäre fantastisch, das Mädchen in das Zentrum aufzunehmen, um Einheimischen und Touristen diese einmalige Geschichte zu erzählen“, sagt Flemming Hedegaard Larsen, Leiter der Vejle-Museen.
Wie es kommen wird, ist gegenwärtig völlig offen. Es scheint allerdings, dass die Befürworter eines Umzugs zurück in die Heimat gute Argumente haben. Das Kontra aus Kopenhagen lässt noch auf sich warten.