Von Priester im 17. Jh. beschrieben
Erstochen nach dem Tod? Rätselhaftes Frauengrab aus 1. Jh. entdeckt
Archäologen aus Schweden sind bei Ausgrabungen auf einem rund 2.000 Jahre alten Friedhof in Pryssgården auf das Grab einer Frau gestoßen, das schlichtweg rätselhaft ist. Denn in dem Grab steckten senkrecht ein gebogenes Messer und eine Nadel – eindeutig auf den Korpus der Frau gerichtet.
Bilder 1 bis 6: Henrik Pihl / Karin Lindeblad / Arkeologerna
Die Stätte umfasst mindestens 50 Gräber und könnte tatsächlich derselbe Friedhof sein, den ein Priester namens Ericus Hemengius 1667 n. Chr. in seinen Aufzeichnungen beschrieb, als er sich mit der frühen Geschichte seiner Gemeinde befasste.
Die in Südschweden etwa 170 Kilometer von Stockholm entfernt gelegene Stätte scheint, anders als zuletzt, zu Hemengius‘ Zeiten noch als sakraler Ort erkennbar gewesen zu sein. Er beschrieb die Grabhügel, die er von seinem Fenster aus sehen konnte, wie folgt:
„Unterhalb des priesterlichen Anwesens befinden sich einige scheinbar große Gräber der Vorfahren, auf denen in jeder Herbstnacht Feuer brennen“. Eindeutiger hätten die Verweise auf einen uralten Friedhof in seinem direkten Umfeld nicht sein können.
Dennoch konnten sich die Forscher laut einer Pressemeldung längst nicht sicher sein, ob von den Gräbern noch etwas erhalten geblieben war. Geschweige denn, ob man für die Ausgrabungen überhaupt den richtigen Ort gewählt hatte.
„Da wurde uns schlagartig klar, dass wir auf der richtigen Spur waren“
„Bei der Voruntersuchung in diesem Frühjahr fanden wir einen menschlichen Knochen. Als wir dann mit der Ausgrabung loslegten, stießen wir schnell auf zwei Schädelfragmente“, schildert Moa Gillberg vom Nationalen Historischen Museum Schwedens die verheißungsvollen ersten Eindrücke.
„Außerdem fanden wir mithilfe eines Metalldetektors Trachtenschnallen und eine Trachtennadel. Da wurde uns schlagartig klar, dass wir wahrscheinlich auf der richtigen Spur waren – und dass es sich um das Gräberfeld handeln könnte, das der Priester beschrieben hatte“, fuhr sie fort.
Vor wenigen Tagen kam es dann zum Fund eben jenes Grabes, dessen Kontext man sich noch nicht wirklich erklären kann. Zunächst fiel den Archäologen lediglich auf, dass es mit einer dicken Rußschicht überzogen war.
Als die Ausgrabung dann weiter in die Tiefe ging, fand das Team das geschwungene Eisenmesser und die Nadel. Moa Gillberg dazu: „Es ist klar, dass diejenigen, die diese Frau in der Eisenzeit begruben, das Messer posthum quasi in sie hineinstachen.“
„Wir wissen nicht warum, aber klar ist, dass es für die Frau bestimmt war“, erläutert die Archäologin. Das Messer mit der gebogenen Klinge dürfte normalerweise zum Bearbeiten von Leder verwendet worden sein. Die Nadel ebenfalls. Auch da ist man sich inzwischen sicher.
Ähnlich mysteriöse Gräber wurden zuvor in Fiskebygrav entdeckt
Ähnlich mysteriöse Gräber wurden zuvor in einer Stätte in Fiskeby (s. unten) entdeckt. Auch hier in den Boden gesteckt: Nadeln und Messer. Darüber hinaus wird immer deutlicher, dass die Stätte in Pryssgården eine Vielzahl von Bestattungsarten umfasst.
Einige Gräber sind Gruben, die mit Überresten von Scheiterhaufen gefüllt sind, während andere von symmetrisch angeordneten Steinen bedeckt sind. Die Einäscherung war in der Eisenzeit eine gängige Bestattungsform, wobei die sterblichen Überreste oft am Bestattungsort verbrannt wurden.
In einigen Fällen fanden die Archäologen weniger Ruß und auch Tierknochen in den Gruben. Zudem waren einige Gräber fast vollständig von Knochen befreit, was zu der Vermutung führte, dass die eingeäscherten Überreste in nahegelegene Orte gebracht worden sein könnten.
„Eine Grube entpuppte sich als ziemlich großes Pfostenloch, was uns anzeigt, dass dort die Begrenzungsmarkierung für das Gräberfeld gewesen sein könnte. Wir sind daher daran interessiert, weitere Löcher wie dieses zu finden“, sagt Gillberg. Es wartet noch so manches Rätsel in Pryssgården.
Hintergrund: Bis in die frühen 1950er Jahre gab es in Fiskeby ein großes prähistorisches Gräberfeld, das etwa 75 mal 100 Meter maß – und aus über 500 Gräbern bestand. Es ist eine der wenigen vergleichbaren Stätten in Schweden, die vollständig untersucht wurde. Leider ist davon so gut wie nichts mehr erhalten, weil Platz für einen Militär-Flugplatz benötigt wurde.