In der frühen Jungsteinzeit gab es für die Menschen auf der dänischen Insel Fünen offenbar weder Brot noch Bier. Archäologen fanden in einer 5.500 Jahre alten Siedlung zwar zahlreiche Mahlsteine und tausende Getreidekörner – doch die Analyse zeigt: Zu Mehl gemahlen wurde dort kaum etwas. Stattdessen kam das Getreide wohl als Brei oder Haferschleim auf den Tisch.
Einer der 14 Mahlsteine, die Archäologen bei Ausgrabungen in einer 5.500 Jahre alten Siedlung auf der dänischen Insel Fünen gefunden haben. Eine neue Studie zeigt, dass die Steine nicht zum Mahlen von Getreidekörnern verwendet wurden. (Neolithischer Schleifstein: x8916 – 3D-Modell von Niels H. Andersen)Ein Forschungsteam aus Dänemark, Deutschland und Spanien hat die Funde aus der Siedlung Frydenlund bei Haarby untersucht – darunter 14 Mahlsteine und mehr als 5.000 verkohlte Körner von Nacktgerste, Emmer und Hartweizen. Die gängige Annahme: Die Menschen mahlen ihr Getreide zu Mehl und backen daraus Brot. Doch die Spuren auf den Steinen sprechen dagegen.
„Wir fanden kaum Phytolithe, also mikroskopisch kleine Pflanzenreste, und die Stärkekörner stammen nicht von Getreide, sondern offenbar von Wildpflanzen“, sagt Archäobotanikerin Dr. Welmoed Out vom Moesgaard Museum. Die Analyse der Steinoberflächen mit modernster Technik zeigt: Diese Mahlsteine wurden nicht zum klassischen Mahlen genutzt.
Brei oder Grütze, nicht Brot, kein Bier
Mikroskopaufnahmen von vier Arten archäologischer Stärkekörner von verschiedenen Mahlsteinen aus Frydenlund, 400-fach vergrößert (die weißen Balken entsprechen 20 µm), jeweils fotografiert in linear polarisiertem (links) und kreuzpolarisiertem Licht. Die in Bild a gezeigte Stärke ähnelt der Stärke einer Grasunterfamilie vom Typ Panicoideae; die anderen sind nicht identifiziert. (Abb.: Cristina N. Patús, HUMANE, Barcelona / CC BY-NC)Stattdessen geht das Forscherteam davon aus, dass das Korn eher zerstoßen als vermahlen wurde – mit sogenannten Stößeln, die ebenfalls in der Siedlung gefunden wurden. Die Steine erinnern an dicke, abgerundete Keulen. Damit wurde das Getreide wahrscheinlich für Brei oder Grütze vorbereitet, nicht für Brot.
„Die typischen Handmühlen mit Schleifspuren tauchen erst etwa 500 Jahre später auf“, erklärt Projektleiter Dr. Niels H. Andersen. Auch Hinweise auf Bier gibt es nicht:
„Bis zur Bronzezeit haben wir keine Belege für Bierbrauen in Dänemark gefunden.“
Die Studie, veröffentlicht im Fachjournal Vegetation History and Archaeobotany, ist die erste ihrer Art in Nordeuropa, bei der sowohl Phytolith- als auch Stärkeanalysen an solch alten Mahlsteinen durchgeführt wurden.
Die Lage von Frydenlund in Dänemark (links unten) und die Hauptstrukturen in Frydenlund: Trichterbecherstrukturen A und B, die in Phase a als Häuser und in Phase b als Grabdenkmäler dienten. 1 = Palisade (Phase b), 2 = Fassade (Phase b), 3 = bronzezeitlicher Grabhügel, der die teilweise Zerstörung der Struktur B erklärt. (Abb.: Die Autoren)Die Ergebnisse passen zu Funden aus anderen Teilen Europas, die ebenfalls auf einen Speiseplan ohne Brot, aber mit Getreidebrei, Nüssen, Beeren, Wurzeln und Fleisch hindeuten.
Trotzdem warnen die Forschenden vor voreiligen Schlüssen:
„Wir sprechen hier nur von einer einzigen Siedlung“, betonen Out und Andersen. Weitere Untersuchungen könnten noch Überraschungen bringen.
Fest steht: Die ersten Bauern Skandinaviens lebten einfacher als lange angenommen. Kein Brot, kein Bier – aber dafür nahrhaften Haferschleim.