Ein Netzwerk, das weit über die bisher bekannten Gebiete hinausging
Die Wikinger waren Teil eines globalen Handelsnetzes mit Elfenbein aus Grönland
Im mittelalterlichen Europa und im Nahen Osten wurden seltene und wertvolle Waren zwischen Kaufleuten aus weit entfernten Regionen gehandelt. Zu den begehrtesten Waren gehörte Elfenbein, das von Orten, die sich nur wenige vorstellen konnten, nach Europa gelangte.
Mit den Kreuzzügen kam der Handel mit (Elefanten-)Elfenbein vorübergehend zum Erliegen und Walrosselfenbein wurde stattdessen populär. Da Walrosse aber nur in eisigen Klimazonen vorkommen, müssen sie von weit her geholt werden.
Neue Forschungsergebnisse der Universität Kopenhagen zeigen nun, dass die Wikinger das erste Glied in dieser langen Handelskette waren, die nicht nur Europa und den Nahen Osten, sondern wahrscheinlich auch Ostasien mit Walrosselfenbein versorgte.
„Unsere Studie zeigt, dass die Wikinger regelmäßig das raue Nordwasser in Nordwestgrönland besuchten, ein Gebiet, das etwa 6.000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt ist. Wahrscheinlich haben sie die lange Reise nicht nur wegen des Abenteuers unternommen, sondern auch, um die wertvolle Ressource zu sichern, die sie nach Nordeuropa und weiter in die Welt hinaus brachten“, sagt Morten Tange Olsen, außerordentlicher Professor am Globe Institute der Universität Kopenhagen und Mitautor der Studie „Grönländisch-nordische Walrossausbeutung tief in der Arktis“.
Die Arbeit wurde mit Hilfe von DNA-Analysen durchgeführt, die nun zeigen, dass die Suche der Wikinger nach Walrossen weitaus umfangreicher war als bisher angenommen.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Doktoranden und Kollegen von der Universität Lund und der Universität Groningen sowie mit internationalen Partnern aus Grönland, Island und Kanada durchgeführt.
Handel und Austausch von Jagdtechniken
Um die lange Reise der Wikinger zu dokumentieren, analysierten sie Fragmente vor allem von Walrossschädeln aus Ausgrabungen von Wikingerstädten in Europa und aus der Ausgrabung von Siedlungen in Grönland und Kanada.
„Die DNA-Sequenzen aus den Fragmenten liefern uns eine genetische Karte der Herkunftsgebiete der verschiedenen arktischen Walrosspopulationen während der Wikingerzeit. Auf diese Weise konnten wir kartieren, wo in der Arktis die Walrosse gefangen und später zur Verarbeitung nach Hause gebracht wurden“, sagt Morten Tange Olsen.
Die Studie zeigt auch, dass die Wikinger wahrscheinlich engeren Kontakt zu den einheimischen arktischen Völkern hatten als bisher angenommen, einschließlich der Thule-Kultur und der späten Dorset-Kultur, zwei untergegangene Innuit-Kulturen in Alska, Kanada, sowie im Westen und im südlichen Teil der Ostküste Grönlands.
„Unsere Forschung zeigt, dass die Wikinger bemerkenswert weit gereist sind und ein gut etabliertes Netzwerk hatten, das weit über die bisher bekannten Gebiete hinausging und sich zeitlich und räumlich mit früheren Kulturen in Grönland und Kanada überschnitt“, sagt Morten Tange Olsen, ein Biologe und Genetiker für Meeressäugetiere. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Archäologen, Biologen und Genetikern war wichtig für den Erfolg der Studie, sagt er.
Die neuen Forschungsergebnisse unterstreichen einmal mehr die bemerkenswerte Fähigkeit der Wikinger, in extremen nördlichen Regionen zu navigieren und zu überleben, und zeigen, wie ihre Aktivitäten zur Schaffung eines globalen Handelsnetzes beitrugen, das weit über die Grenzen Europas hinausreichte.
„Zum ersten Mal haben wir jetzt eine klare genetische Karte der Walrosspopulationen in der Arktis, die uns Aufschluss darüber gibt, wohin die Norweger reisten, um das wertvolle Elfenbein zu sichern.“
Mit dieser Studie hoffen Morten Tange Olsen und seine Kollegen, uns die Augen für die komplexen und umfangreichen Handelsnetze der Wikinger und ihre Interaktionen mit anderen Kulturen zu öffnen.