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„Einzimmerwohnung mit Balkon“

Die Sprache der Schweine verstanden: Bio-Schweine sind gar nicht glücklich

Es ist ein Klischee, dass Tiere aus biologischen Mastbetrieben glücklicher lebten bevor sie stürben als jene aus konventioneller Haltung. Dieses Klischee wurde von dänischen Forschern widerlegt. Eine Stichprobe zeigte gar, dass viele Bio-Schweine gestresster sind als konventionell eingepferchte Schweine.

Sprache der Schwein Dokumentation
Wenn Schweine davon erzählen, dass sie leiden, haben Landwirte eine erhöhte Verantwortung, einzugreifen, sagt Pernille Fraas Johnsen, Tierverhaltensexpertin von World Animal Protection, nach bahnbrechenden Forschungsergebnissen über die Sprache der Schweine, die in der DR-Dokumentation „Hvis grise kunne tale“ zu sehen war. (Darstellung: DR)
Erstmals ist es Forschern gelungen, die Sprache von Schweinen so zu übersetzen, dass Menschen sie verstehen können, das berichtet der dänische Rundfunk DR. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz knackten sie den Code der Schweinesprache, indem sie deren Grunzen, Quieken und Quietschen von über 15.000 Ferkeln in Dänemark und Deutschland analysiert haben.

Vor allem eines habe die Forscher überrascht, heißt es dort:

In den vier konventionellen Schweinemastbetrieben der Stichprobe waren 25 Prozent der Grunzlaute der Schweine Ausdruck von Stress oder Schmerz.

Bei den drei Bio-Schweinenbetrieben war der Anteil mit 47 Prozent sogar deutlich höher.

Mehr Platz bedeutet nicht mehr Glück

„Obwohl die Bio-Schweine mehr Platz haben, waren sie mehr oder weniger wie die konventionellen Schweine, wenn man sich ansieht, was sie uns sagen. Das war ziemlich überraschend“, sagt Elodie Floriane Mandel-Briefer, außerordentliche Professorin an der Universität Kopenhagen und Leiterin eines internationalen Forschungsteams, das die Sprache der Schweine untersucht.

Fleischverbraucher hätten das Bild im Kopf, dass es den ökologisch gehaltenen Schweinen besser gehe, sagt Peter Sandøe, Professor für Tierwohl an der Universität Kopenhagen in der DR-Doku „Hvis Grise Kunne Tale“ (Wenn Schweine sprechen könnten).

„Viele glauben, dass die ökologische Schweineproduktion bedeutet, dass die Tiere ihr ganzes Leben draußen verbringen. Das ist nicht der Fall. Sie bleiben eingepchercht, wenn sie auch dreieinhalb Mal so viel Platz wie konventionelle Schweine haben. Sie haben Außenbereiche mit Betonboden, aber sie können zumindest hinausgehen. Es ist also eine Einzimmerwohnung mit Balkon“, sagt Sandøe.

Die Ferkel leben mit der Sau im Freien, bis sie 7-10 Wochen alt sind, und kommen dann in den Stall.

Dürfen anfangs im Freien leben, werden dann eingesperrt

„Eine Erklärung für das schlechtere Wohlergehen von Bio-Schweinen könnte sein, dass sie etwas Besseres ausprobiert haben. Sie wachsen auf dem Feld auf und werden dann in einen Stall gebracht. Dieser Kontrast könnte eine Erklärung sein. Man liegt falsch, wenn man denkt, dass es dem Schwein gut geht, weil es ein Bio-Schlachtschwein ist, aber wir müssen vorsichtig sein, wenn wir Schlussfolgerungen ziehen, weil es sich um eine kleine Stichprobe handelt“, sagt Peter Sandøe.

In dem Dokumentarfilm „Wenn Schweine sprechen könnten“ wurden Tonaufnahmen von 15.425 Ferkeln in Dänemark und Deutschland aus vier konventionellen Ställen, drei Bioställen und zwei Ställen, in denen die Schweine ihr ganzes Leben im Freien verbringen, gemacht. Den Forschern ist es dabei gelungen, die Sprache der Schweine zu entschlüsseln.

Bei den konventionell gehaltenen Schweinen gibt es zu 25 Prozent Grunz- und Quieklaute, die Stress und Schmerz ausdrücken. Bei den Bio-Schweinen sind es 47 Prozent. Bei den Schweinen, die im Freien leben, sind es 8 Prozent.

Die Stichprobe ist nicht eindeutig. So wurden beispielsweise die Geräusche in einem Biostall im Freien gemessen, und der Anteil der gestressten Grunzer und Quieker sank auf 8 %.

Ein konventioneller Landwirt, der mit den Schweinen sprach und zweimal am Tag nachsah, ob es ihnen gut ging, erzielte bei der Messung ein ebenso gutes Ergebnis.

Die Landwirte erklärten sich bereit, Tongeräte installieren zu lassen und anonym teilzunehmen. Einige Landwirte haben sich daraufhin entschlossen, selbst mitzumachen.

Konsequenzen nach der Ausstrahlung gefordert

Die Tierschutzorganisation World Animal Protection Danmark hat nach der Ausstrahlung der Dokumentation gefordert, dass die neuen Erkenntnisse zu Konsequenzen führen müssten. In einer Pressemitteilung von gestern heißt es:

„Wenn Schweine zurückmelden, dass sie leiden, haben Landwirte eine erhöhte Verantwortung, etwas gegn ihr Leid zu unternehmen.“

Und weiter:

„Die Forscher, die den Code für die Sprache der Schweine geknackt haben, liefern eine hervorragende Dokumentation dessen, was wir seit Jahren schon wissen“, sagt Pernille Fraas Johnsen, Doktorin für Tierverhalten bei World Animal Protection.

„Je mehr Enge, desto mehr leiden die Tiere“, sagt Pernille Fraas Johnsen. Und weiter:

„Die Tatsache, dass wir die Erfahrungen der Schweine nun so deutlich an ihren Lauten ablesen können, verpflichtet uns zum Handeln und zur Verbesserung der Lebensbedingungen für die Schweine.“

„Die Politik sollte die Anforderungen an die Haltung von Schlachtschweinen verschärfen, damit die Tiere viel besser als heute vor Stress und Unwohlsein geschützt sind. Es ist eigentlich unerträglich, die vielen Stressschreie der Schlachtschweine im Stall zu hören, und das Echo hallt noch lange nach, wenn wir den Stall verlassen haben“, sagt Fraas Johnsen.

Neue App für Schweinewirte

„Der nächste Schritt muss sein, den Sauen in der dänischen Schweineproduktion zuzuhören und zu analysieren, wie die Sau ihre eigene Situation im Trächtigkeitsstall und nicht zuletzt während des Abferkelns erlebt, wo sie zwischen Metallbügeln fixiert ist, so dass sie sich nicht einmal umdrehen kann“, so die Expertin vom Tierschutz.

„Das A und O ist, dass die Forscher die Branche nun mit revolutionärem Wissen ausgestattet haben, für das nur eine App erforderlich ist, so dass jeder Landwirt sich jederzeit einschalten und herausfinden kann, wie seine Tiere ihre natürlichen Bedürfnisse erfüllen“, schließt Dr. Pernille Fraas Johnsen ihre Überlegungen.

Unser QUIZ zum Thema Dänemark

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