Facebooktwitterpinterestrssinstagram

Kommentar von Christian Rom, Portfoliomanager bei DNB Asset Management

Ørsted und Enel: Unterschiedliche Entwicklungen zweier Schwergewichte der erneuerbaren Energien

Im Bereich der erneuerbaren Energien sind Ørsted und Enel zwei der prominentesten Namen. Beide Unternehmen stehen vor Herausforderungen und Chancen, doch ihre jüngsten Entwicklungen könnten kaum unterschiedlicher sein.

Ørsted Kursgewinn langfristige Strategie
Eine Ørsted-Windkraftanlage im Winpark Borkum Riffgrund 3. (Foto: Ørsted)
Während Ørsted mit erheblichen Problemen in seinem US-Offshore-Windportfolio ringt, profitiert Enel von der Stabilisierung der europäischen Energiemärkte. Ein genauer Blick auf die Zahlen und Fakten zeigt, wie unterschiedlich sich diese beiden Unternehmen im aktuellen Marktumfeld entwickeln.

Ørsted hat in den letzten Jahren eine beispiellose Serie von Herausforderungen erlebt, insbesondere im US-Markt. Das Unternehmen musste jüngst weitere Abschreibungen in Höhe von 12,1 Milliarden Dänischen Kronen (DKK, rund 1,62 Mrd. EUR) verkünden.

Regierung Trump behindert Markt für erneuerbare Energien

Diese setzen sich zusammen aus 4,3 Milliarden DKK, die durch gestiegene US-Langfristzinsen im vierten Quartal 2024 verursacht wurden, 5,5 Milliarden DKK, die den Wert von US-Seegrundstücken praktisch auf Null reduzieren, und weiteren 4,3 Milliarden DKK, die durch gestiegene Investitionskosten beim Sunrise-Wind-Projekt resultieren. Die Gründe für diese Probleme sind vielfältig, reichen von internen Schwächen im Projektmanagement bis hin zu externen Faktoren wie einer restriktiveren Politik der Trump-Administration.

Die politischen Unsicherheiten in den USA stellen ein besonderes Risiko dar. Eine Executive Order der Trump-Regierung hat kürzlich alle Gebiete auf dem äußeren Kontinentalschelf von neuen Offshore-Windleasing-Verträgen ausgeschlossen.

Dies betrifft zwar nicht Ørsteds bestehende Projekte wie Revolution Wind (704 Megawatt) und Sunrise Wind (924 Megawatt), doch die Entwicklung neuer Projekte könnte in den kommenden Jahren erheblich erschwert werden. Gleichzeitig hat Ørsted in den letzten drei Jahren insgesamt 45 Milliarden DKK an Abschreibungen in seinem US-Geschäft verzeichnet.

Das Unternehmen könnte diese Zahl auf bis zu 50 Milliarden DKK erhöhen müssen, falls zusätzliche steuerliche Vergünstigungen nicht bewilligt werden. Der Gesamtverlust an Marktkapitalisierung beträgt seit Ende August 2023 118 Milliarden DKK.

Trotz dieser Rückschläge bleibt Ørsted optimistisch. Für das Jahr 2024 prognostiziert das Unternehmen ein EBITDA von 24,8 Milliarden DKK, was in der Mitte seiner ursprünglichen Guidance von 24 bis 26 Milliarden DKK liegt.

Mit einer geplanten Wachstumsrate der Gewinne im hohen einstelligen Bereich bis 2030 und einer erwarteten Kapitalrendite (ROCE) von etwa 14 Prozent zeigt sich das Unternehmen weiterhin als Marktführer in einem wachsenden Segment. Insbesondere die global steigende Nachfrage nach Offshore-Windenergie bietet Ørsted Chancen, langfristig profitabel zu bleiben.

Ørsted hat sich kürzlich von seinem bisherigen CEO Mads Nipper getrennt. Sein Nachfolger ist der bisherige stellvertretende CEO und Chief Commercial Officer Rasmus Errboe. Dieser Wechsel war nicht vollständig überraschend, da Errboe bereits im März 2024 in diese Positionen berufen wurde.

Errboe bringt mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung bei Ørsted mit und hat verschiedene Schlüsselpositionen im Unternehmen bekleidet. Dies deutet darauf hin, dass er ein umfassendes Verständnis für das Geschäft besitzt. Seine Hauptaufgaben werden darin bestehen, operative Exzellenz und ein verbessertes Risikomanagement zu fördern, um das teure US-Markteintrittsdebakel als isoliertes Ereignis zu positionieren. Nach der Stabilisierung des Unternehmens wird der Fokus darauf liegen, Risiken zu minimieren und die Ziele für 2030 zu erreichen.

Mit Blick auf den Ausbau des polnischen Offshore-Marktes haben der polnische Energieversorger PGE und Ørsted die endgültige Investitionsentscheidung für den Bau des Offshore-Windparks Baltica 2 getroffen.

Der Offshore-Windpark Baltica 2 in der Ostsee mit 1.500 MW Leistung ist ein Gemeinschaftsprojekt von PGE Polska Grupa Energetyczna und dem dänischen Offshore-Weltmarktführer Ørsted. Die Regierung in Polen treibt den Ausbau der Offshore-Windenergie voran und will bis 2040 insgesamt 18.000 MW (18 GW) Windkraftleistung in der Ostsee installieren. Ørsted bleibt aufgrund seiner starken Marktposition und seiner Expertise ein zentraler Akteur in der Branche.

Strategische Neuausrichtung bei Enel

Christian Rom, Portfoliomanager bei DNB Asset Management
Christian Rom, Portfoliomanager bei DNB Asset Management.
Enel hingegen zeigt ein gänzlich anderes Bild. Das italienische Unternehmen hat von stabilisierten Strompreisen in Europa profitiert, die nach den durch den Ukraine-Konflikt ausgelösten Turbulenzen nun auf einem ausgeglichenen Niveau verharren.

Diese Entwicklung hat die Bilanz des Unternehmens erheblich verbessert, insbesondere durch eine Reduzierung der Sicherheitenanforderungen im Bereich Hedging. Zudem haben sich die hydrologischen Bedingungen in Europa in den Jahren 2023 und 2024 erheblich erholt und befinden sich auf historischen Höchstständen, was die Stromerzeugung aus Wasserkraft stärkte. Diese positiven Entwicklungen haben Enel geholfen, eine stabile Ertragslage und eine solide Performance an den Märkten zu erzielen.

Die strategische Neuausrichtung von Enel hat ebenfalls für Aufmerksamkeit gesorgt. Das Unternehmen setzt verstärkt auf Investitionen in Stromnetze, was von vielen Investoren begrüßt wurde. Der Fokus auf den Ausbau von erneuerbaren Energien wurde hingegen reduziert, was in der Branche gemischte Reaktionen hervorgerufen hat.

Kritiker argumentieren, dass Enel sich langfristig durch die Verringerung seines Engagements in erneuerbaren Energien Marktpotenziale entgehen lassen könnte. Dennoch hat das Unternehmen durch diese Neuausrichtung kurzfristig Stabilität erreicht und bleibt ein Favorit vieler Anleger.

Die Entwicklung dieser beiden Unternehmen zeigt exemplarisch die Spannungen und Möglichkeiten im Sektor der erneuerbaren Energien. Ørsted kämpft mit kurzfristigen Herausforderungen, bleibt aber aufgrund seines führenden Marktanteils und der starken Position im Offshore-Wind-Segment ein wichtiger Akteur.

Enel hingegen hat kurzfristig Stabilität erreicht, könnte jedoch langfristig von einer stärkeren Fokussierung auf erneuerbare Energien profitieren. Anleger stehen damit vor einer strategischen Entscheidung: Auf die langfristigen Chancen eines angeschlagenen Marktführers wie Ørsted setzen oder die Stabilität eines etablierten Versorgers wie Enel bevorzugen.

Die Branche der erneuerbaren Energien bleibt ein Schlüsselfaktor für die globale Energiewende, und sowohl Ørsted als auch Enel spielen hierin zentrale Rollen. Trotz der Herausforderungen bleibt das Potenzial für Wachstum und Innovation in diesem Sektor ungebrochen.

Von Christian Rom

Unser QUIZ zum Thema Dänemark

Sie wollen diesen Beitrag teilen?

Facebooktwitterredditpinterestmail
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest

0 Comments
älteste
neuste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen