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Strukturwandel „Light“

Landwirtschaft in Dänemark: Bauern müssen CO2-Steuer zahlen, oder auch nicht

Deutschland hat es nicht einmal geschafft, klimaschädliche Subventionen der Landwirtschaft zu beseitigen, geschweige denn Abgaben auf klimaschädliches CO2 einzuführen. In Dänemark hingegen werden die Bauern mit besonders schädlichem Einfluss auf das Klima für ihre Missetaten zur Kasse gebeten. So scheint es zunächst. Doch der dänische Rat für Grüne Umstellung kritisiert die vielen Steuer-Schlupflöcher für Viehzüchter, sodass am Ende kein echter Strukturwandel entstehen werde.

Viehzucht CO2-Abgabe Dänemark
Trotz der neuen CO2-Abgabe werden die dänischen Viehzüchter wahrscheinlich genauso weitermachen wie bisher, befürchtet der dänische Rat für Grüne Umstellung, da das neue System genügend Schlupflöcher zur Vermeidung der Steuer enthält. (Foto: Annie Spratt)
Ab 2030 plant Dänemark, eine CO2-Steuer auf Emissionen aus der Viehzucht zu erheben. Ziel ist es, nach und nach die Landwirtschaft auf klimafreundliche Beriebsmodelle umzustellen, d.h. weniger Nutztiere, mehr Nutzpflanzen. Das Besondere an diesem System: Es wurde in enger Zusammenarbeit mit Landwirten, Branchenvertretern und Umweltgruppen entwickelt.

Die Einnahmen aus der Steuer sollen in die Finanzierung von Umstellungsmaßnahmen fließen.

Landwirtschaftliche Fläche soll in Wald umgewandelt werden

43 Milliarden DKK (54,76 Mrd. Euro) werden für einen Grünflächenfonds bereitgestellt, mit dem 15 % der landwirtschaftlichen Flächen in Wald umgewandelt werden sollen; – zum Nutzen der Natur und der Gewässer.

Davon werden 140.000 Hektar Flachland und Grenzertragsflächen aus der Produktion genommen. Grenzertragsflächen sind Flächen, auf denen Ackerbau nicht effizient möglich ist.

Der dänische „Rat für Grüne Umstellung“ (Rådet for Grøn Omstilling) ist erfreut, dass in den Verhandlungen zusätzliche Mittel für den Grünflächenfonds und für pflanzliche Lebensmittel gefunden wurden.

Konfliktpotential Bauern

So ein dänischer Alleingang birgt die Gefahr von Konflikten in der europäischen Politik, da die Einheitlichkeit der Spielregeln im Binnenmarkt nicht mehr gegeben sein kann.

Die dänische Initiative schafft zudem Raum für die Kommerzialisierung der „Öko-Etikettierung“ bekannter dänischer Marken von Viehprodukten, was die Wettbewerbsfähigkeit anderer Anbieter beeinflussen könnte. Es könnte der Eindruck entstehen, dass die Wurst aus Dänemark umwelt- und klimafreundlicher sei, als die beispielsweise aus Deutschland. Obgleich beide für die Umwelt gleich toxisch sind.

„Wir können nur hoffen, dass der Rest der Welt sich von der Tatsache inspirieren lässt, dass Dänemark das erste Land der Welt ist, das einen Preis auf landwirtschaftliche Emissionen erhebt und deutlich mehr Wald anpflanzt. Die Klimasteuer ist ein wichtiger erster Schritt, aber sie reicht nicht aus, um den Strukturwandel der Landwirtschaft zu gewährleisten, den Klima, Umwelt und Natur benötigen“, sagt Niklas Sjøbeck Jørgensen, Experte für Lebensmittel und Bioressourcen beim Rat für Grüne Umstellung.

Ohne eine gemeinsame europäische Antwort auf die Internalisierung der Emissionskosten wird es für die EU schwer, ihre ehrgeizigen Klimaziele bis 2030 und darüber hinaus auf einem harmonischen Weg zu erreichen, befürchtet der Rat.

„Mit dem Steuermodell riskieren wir die Beibehaltung einer großen und intensiven Tierproduktion anstelle einer strukturellen Entwicklung mit dem Fokus auf mehr pflanzliche Lebensmittel, weniger Nutztiere und mehr Ökologie. Das wäre viel besser für das Klima, die Natur und unsere angeschlagene Meeresumwelt“, so Niklas Sjøbeck Jørgensen weiter.

Ungewissheit Wasserumwelt

Dänemarks Wasser ist schlecht. Das Problem ist die Überdüngung durch die Landwirte: Nitrate aus der Landwirtschaft verwüsten im wahrsten Sinne des Wortes die dänichen Gewässer.

Der Umstellungsrat sieht in der Besteuerung der Viehzucht die Chance für Dänemark, mit seinen Gewässern ins Reine zu kommen.

„Es ist positiv, dass sie erkannt haben, dass für eine gute aquatische Umwelt viel weniger landwirtschaftliche Flächen benötigt werden, und dass ein großer Geldbetrag für die Bemühungen um die aquatische Umwelt bereitgestellt wurde. Mehrere Oppositionsparteien haben sich ebenfalls erfolgreich für genaue Stickstoffgrenzen eingesetzt“, sagt Niklas Sjøbeck Jørgensen und fährt fort:

„Aber sowohl die Wirkung als auch das Tempo der Bemühungen werden noch in Frage gestellt. Sie überschreiten die von der EU gesetzte Frist, bis wann wir die Stickstoffreduzierung erreichen müssen, und sie verlassen sich auf freiwillige Vereinbarungen ohne verlässliche Stickstoffregelung.“

Zu wenig, zu spät

Das Vorgehen der dänischen Politik ist fraglos löblich zu nennen. Allerdings ist die CO2-Abgabe so angelegt, dass sie erstens stufenweise eingeführt wird, in für die Bauern schmerzlosen Schritten, und zweitens werden die dänischen Viehzüchter an anderen Stellen von der Steuer erleichtert. Die steuerliche Zusatzbelastung wird also viel geringer ausfallen, als es zunächst den Anschein hat.

Das avisierte Modell enthält einen Rabatt auf die eigentliche Steuer – ein so genannter Grundabzug – von 60 Prozent für die Viehzüchter. Der hohe Rabatt bedeutet, dass es möglicherweise nur wenige Maßnahmen braucht, um die Steuer vollständig zu vermeiden.

Aufgrund dessen zweifelt der Umstellungsrat daran, dass genug Druck aufgebaut wird, um die erforderlichen Reduzierungen und Entwicklungen zu bewirken, nämlich hin in Richtung mehr pflanzliche Lebensmittel und ökologischen Anbau, weg von Tierleid und Ausbeutung von Tier und Umwelt durch die Viehzüchter.

„Eine Steuer ist ein großer Schritt nach vorn, aber leider hat das Steuermodell selbst mehrere Schwachstellen. Es wird viel in neue, unsichere technologische Lösungen investiert, deren Klimaeffekt jedoch ungewiss ist“, so Niklas Sjøbeck Jørgensen abschließend.

„Gleichzeitig hat man sich dafür entschieden, eine intensive und nicht nachhaltige Tierproduktion aufrechtzuerhalten, die große Teile der dänischen Landfläche in Anspruch nimmt.“

„Stattdessen hätte man der pflanzlichen Erzeugung und dem ökologischen Landbau einen viel höheren Stellenwert einräumen können“, zeigt sich Sjøbeck Jørgensen moderat pessimistisch.

Er lobt die Tatsache, dass man sich in den Verhandlungen darauf geeinigt hat, die Unterstützung für die pflanzliche Nahrungsmittelproduktion um 420 Millionen DKK (56 Mio. Euro) zu erhöhen.

„Dies ist wichtig für die Entwicklung der Landwirtschaft. Aber insgesamt erhält die tierische Erzeugung immer noch weitaus mehr an staatlichen Beihilfen.“

„Es wird nur einen sehr geringen Anreiz geben, Pflanzen statt Tiere zu produzieren, einen begrenzten Anreiz für die Entwicklung neuer Technologien und einen großen Anreiz für Investitionen in die intensive Tierproduktion“, sagt Niklas Sjøbeck Jørgensen

Er empfiehlt, dass in Zukunft Anstrengungen unternommen werden sollten, um den Grundabzug zu senken und die Unterstützung von der tierischen auf die pflanzliche Produktion zu verlagern.

Unser QUIZ zum Thema Dänemark

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