Kriegsheimat von 2.000 deutschen Soldaten
England: Ausgrabungen in WWII-Gefangenenlager zeichnen „unerwartetes Bild“
Im Zuge von Bauarbeiten an einem Kreisverkehr im englischen Oswestry haben Archäologen umfassende Ausgrabungen in einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager durchgeführt. Während des 2. Weltkriegs und darüber hinaus sollen dort 2.000 deutsche Soldaten untergebracht gewesen sein.
Fotos: Wessex Archaeology
Den beteiligten Experten zufolge wurde das Lager zwischen 1940 und 1948 genutzt. Als spannend werden die Ergebnisse der Ausgrabungen vor allem deshalb angesehen, weil sie völlig neue Einblicke in das alltägliche Gefangenenleben hier in der Grafschaft Shropshire gewähren.
John Winfer, Projektleiter bei Wessex Archaeology: „Wir haben überraschende Beweise für die relativ komfortablen Bedingungen entdeckt, die die Insassen in dem Lager vorfanden.“
Aus Dokumenten mit einer Lagerbeurteilung des Roten Kreuzes sei bereits im Vorfeld einiges ableitbar gewesen. „Die von uns entdeckten Gegenstände konkretisieren das Bild“, so Winfer. Von nun an seien genaue Aussagen zu den Einrichtungen und angebotenen Aktivitäten möglich.
Den Erkenntnissen zufolge konnten die Inhaftierten im Lager Sportplätze nutzen und musikalischen Darbietungen beiwohnen. Es gab ausreichend Beleuchtung, Heizungswärme und sanitäre Anlagen. Sogar Duschen mit Warmwasser sollen Teil des Lageralltags gewesen sein.
Bierflaschen aus lokaler Brauerei weisen auf zünftige Abende hin
„Gespeist wurde mit Keramikgeschirr und Biergläsern“, was laut Winfer das Bild eines „unerwartet zivilisierten Lagerlebens“ zeichne. Hinzu kommt, dass ältere Gefangene in Schreinereien einer praktischen Beschäftigung nachgingen, während junge Häftlinge sogar schulisch betreut wurden.
Dass es das ein oder andere Mal auch zünftig zugegangen sein muss, zeigt der Fund von Bierflaschen einer alten (und nicht mehr existierenden) Brauerei aus der Region. Ferner passt in das zivilisierte Bild, dass auch Körperpflegeartikel wie Zahnbürsten aus dem Erdreich geborgen werden konnten.
Direkt mit dem Krieg assoziierte Gegenstände wurden ebenfalls gefunden: darunter eine geladene Pistole aus deutscher Herstellung – und ein besonderer Fund, der die Archäologen noch eine Weile beschäftigen wird.
Und zwar handelt es sich um die Erkennungsmarke eines deutschen Soldaten, dessen Lebensgeschichte nun mithilfe weiterer Recherchen nachgezeichnet werden soll. „Der betreffende deutsche Soldat gehörte der 3. Kompanie des Landesschützen-Bataillons XI/I an“, so Winfer.
Bekannt ist, dass die aus älteren Reservisten gebildete Einheit im April 1940 in Landesschützen-Bataillon 211 umbenannt wurde – ein klares Indiz für die frühe Inhaftierung des Deutschen. Als sehr wahrscheinlich gilt der Zeitraum zwischen September 1939 und 1940, also das erste Kriegsjahr.
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