Folgen des Brexit
Briten in der EU verlieren ihre britischen Bankkonten und Kreditkarten
Zehntausenden Briten, die in der EU leben, sollen innerhalb weniger Wochen ihre britischen Bankkonten und Kreditkarten entzogen werden, weil die Regierung es versäumt hat, Regeln für die Zeit nach Brexit auszuhandeln.
Einige der größten Banken Großbritanniens haben ihre Kunden in den Ländern der Europäischen Union kontaktiert, um ihnen mitzuteilen, dass ihre Konten innerhalb weniger Wochen geschlossen werden. Die Kosten und die Komplexität des Betriebs ohne die Kontinuität der paneuropäischen Bankvorschriften seien zu hoch. Die Times berichtete am gestrigen Sonntag.
Jeder der 27 EU-Mitgliedsstaaten hat unterschiedliche Regeln für grenzüberschreitende Bankkonten, die in Kraft treten werden, sobald die Übergangsperiode für Großbritannien am 31. Dezember 2020 endet.
„In einigen Fällen wäre es unglaublich komplex, extrem teuer und sehr zeitaufwendig, die Kunden weiterhin zu bedienen, und es würde einfach keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben“, sagte eine Quelle bei einer britischen Bank der Zeitung. „Das nennt man Passporting – das ist die Realität von Brexit“.
Eine Reihe der größten britischen Banken, darunter Lloyds, Barclays und die Queen’s Bank Coutts wollen ihre Kunden in der EU nicht mehr bedienen.
Ohne eine Fortführung entscheidender gesamteuropäischer Bankvorschriften, bekannt als „Passporting“, wird es für britische Banken illegal werden, britische Kunden in der EU zu versorgen, ohne neue Banklizenzen zu beantragen.
Wenn keine andere Lösung gefunden werden wird, wie man das „Passporting“ fortzuführen kann, werden britische Banken gagen das Gesetz verstoßen, wenn sie nicht in jedem einzelnen Land der Europäischen Union eine neue Banklizenz beantragen.
Lloyds, Großbritanniens größte Bankengruppe, begann im August, Kunden anzuschreiben und warnte sie davor, dass ihre Bankkonten zum 31. Dezember geschlossen würden.
Die Bank schätzt, dass 13.000 Kunden ihre Konten verlieren würden.
„Wenn Kunden regelmäßig Ein- oder Auszahlungen auf ihr Konto vornehmen, müssen sie Vorkehrungen treffen, bevor ihr Konto geschlossen wird“, sagte die Bank.
Barclays und Coutts haben ebenfalls ihre Kunden kontaktiert, schreibt The Times.
„Angesichts der Tatsache, dass Großbritannien Ende 2020 die EU verlässt, überprüfen wir weiterhin die Dienstleistungen, die wir Kunden innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) anbieten, und alle betroffenen Kunden werden direkt kontaktiert“, sagte Barclays in einer Erklärung. „Die Zeitpläne für die Kontoschließung werden von der Art des Produkts abhängen, über das ein Kunde verfügt, aber wir werden die Kunden immer benachrichtigen“.
„Für den Fall, dass zwischen Großbritannien und der EU keine Alternative zum Passing-System des Europäischen Wirtschaftsraums für Finanzdienstleistungen vereinbart wird, haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, unsere Dienstleistungen nicht mehr für Kunden mit Wohnsitz im EWR anzubieten“, sagte Coutts.
Bislang können Banken mit Sitz in der Europäischen Union (EU) über den so genannten europäischen Pass (Passporting) europaweit Geschäfte treiben und ihre Kunden über eine zentrale Einheit bedienen. Nach Angaben der britischen Finanzaufsicht FCA nutzten 2016 rund 13.500 Finanzdienstleister das Passporting, gut 8.000 der grenzüberschreitenden Geschäfte wurden in Großbritannien generiert, weitere rund 5.480 in der übrigen EU.
Dieser vereinfachte Marktzugang erlischt mit dem endgültigen Vollzug des Brexits.
Das Problem ist seit Jahren bekannt, der in Frankfurt ansässige Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (pwc) hat bereits 2017 vor dieser Folge des Brexits im Finanzwesen gewarnt.
Boris Johnson und sein Kabinett haben es versäumt, den Brexit geregelt ablaufen zu lassen. Der Ausstieg Großbritanniens aus der EU hält sicherlich noch weitere easter eggs für die britischen Bürger bereit, die sie nach Weihnachten überall im System finden werden.
ap