95 % weniger Fahrgäste
England: Droht dem Schnellzug Eurostar das finanzielle Aus?
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Reiseverkehr zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien dramatisch zurückgegangen.
Hinzu kommt, dass die neuesten Entwicklungen rund um die in England grassierende Virus-Mutation B.1.1.7 auch für die kommenden Wochen und Monate keine Entspannung erahnen lässt. Im Gegenteil, es wird dauern, bis sich der Reisemarkt erholen wird. Lange dauern.
Besonders betroffen von der zu weiten Teilen verordneten Flaute ist mit dem Eurostar ein Bahnprojekt, das wie kaum ein anderes für Reisefreiheit und Reiselust zwischen Großbritannien und dem Rest Europas steht.
Beziehungsweise stand – denn seit März 2020, dem Beginn der Pandemie in Europa, ist alles anders. Das unterseeische Fahrgastaufkommen zwischen einerseits London und andererseits Paris bzw. Brüssel ist seither um sage und schreibe 95 Prozent in die Knie gegangen.
Konsequenz: Momentan quert pro Tag gerade mal ein einziger Zug den gut 50 Kilometer langen Eurotunnel, während es in Normalzeiten bis zu zwei pro Stunde waren. Dies lässt leicht erahnen, wie schlecht es derzeit um das 1999 mit viel europäischem Pathos gestartete Bahnprojekt steht. Das waren noch Zeiten.
Beiderseits des Ärmelkanals stellt sich daher nun die Frage, ob und wie man dem Eurostar unter die Arme zu greifen gedenkt. Das „Ob“ scheint dabei bereits beantwortet, denn Frankreich und Großbritannien scheinen klar an dem Projekt festhalten zu wollen.
Bleibt also die Frage nach dem „Wie“, womit die Probleme naturgemäß nicht unbedingt kleiner werden müssen. Laut Reuters hat sich in dieser Frage nun Frankreich als erstes Land aus der Deckung gewagt und finanzielle Hilfe in neunstelliger Höhe in Aussicht gestellt. Rund 200 Millionen Euro stünden diesseits des Kanals bereit, heißt es.
Ferner soll sich Frankreichs Verkehrsminister Jean-Baptiste Djebbari bereits in Gesprächen mit seinem britischen Amtskollegen Grant Shapps über eine koordinierte finanzielle Rettungsaktion für den Eurostar befinden.
Das Problem: Die Briten haben ihre Anteile an dem Infrastrukturprojekt 2015 unter Premierminister David Cameron zu Geld gemacht. Deshalb dürfte hier das Interesse an staatlicher Hilfe erheblich geringer sein als auf der französischen Gegenseite, wo die landeseigene Bahngesellschaft SNCF immerhin 55 Prozent aller Anteile am Eurostar-Projekt hält.
Wie dem auch sei: Dem Eurostar wäre definitiv zu wünschen, dass er schadlos durch diese und andere Krisen kommt (der Brexit ist ja schließlich auch noch da).
Wer nur einmal im Leben die gut zwanzig Minuten unter dem Ärmelkanal durchgerauscht ist, wird das nachvollziehen können. Genauso wie alle anderen, die es irgendwann gerne noch tun würden.
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sh