Kommando zurück in England?
Experten zweifeln Johnsons Aussage zu erhöhter Corona-Sterblichkeit an
Als der britische Premierminister Boris Johnson am Freitag vor die Presse trat, klangen seine Aussagen zu einer womöglich erhöhten Sterblichkeit durch die neue Coronavirus-Mutation B.1.1.7 schon recht konkret.
Warum auch sonst sollte ein Staatsmann mit solchen Informationen an die Öffentlichkeit gehen?
Nun zeigten sich britische Gesundheitsexperten jedoch überrascht vom Vorgehen Johnsons. Allen voran äußerte sich Yvonne Doyle, medizinische Direktorin der Gesundheitsbehörde Public Health England, in einem Interview mit BBC Radio 4 kritisch.
Derzeit liefen mehrere Untersuchungen, sagte Doyle, und es sei überhaupt noch nicht klar, ob die Corona-Mutation tatsächlich zu mehr Todesfällen führe als ihr Vorgänger.
„Es ist viel zu früh, das zu sagen“, so Doyle. Es gebe lediglich Hinweise, die aber auf einer sehr kleinen Fallzahl beruhen würden.
Es ist eine Sichtweise, die auch andere führende Wissenschaftler teilen. So sagte laut ZEIT online auch Mike Tildesley, Mitglied des Expertengremiums Sage, gegenüber der BBC, dass es für klare Aussagen noch zu früh sei.
„Ich bin besorgt, wenn wir Dinge vermelden, obwohl die Daten noch nicht wirklich aussagekräftig sind“, sagte Tildesley in dem Interview.
Freitagabend hatte Premier Johnson in einem Pressestatement mitgeteilt, dass es recht plausible Hinweise für eine erhöhte Sterblichkeit infolge einer Infektion mit der in Großbritannien weit verbreiteten Coronavirus-Mutation B.1.1.7 gebe.
Es sei möglich, so Johnson, dass in der Altersgruppe 60- bis 69-jähriger Männer nicht mehr rund zehn von 1.000 Infizierten, sondern eher 13 bis 14 betroffene Personen versterben könnten.
Soviel ist jedenfalls klar: Sein Statement war mit der Fachwelt ganz offensichtlich nicht abgestimmt. Ein politischer Alleingang.
sh