„Nationale Blamage!“
UK: Gescheitertes Fischerei-Abkommen mit Norwegen heizt Brexit-Frust an
War es nicht auch die Fischerei, die beim Buhlen konservativer britischer Kräfte um ein Brexit-Mandat immer wieder als Paradebeispiel für die bevormundende Haltung Brüssels herhalten musste?
Nun, der Brexit ist geschafft, aber die vermeintlich von allen EU-Lastern befreite Fischereibranche Großbritanniens scheint ihre neuen Freiheiten noch nicht ausreichend in Fisch und Fang ummünzen zu können.
Unguter Ausdruck dessen ist ein auf dem Tisch liegendes Fischereiabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Norwegen, das nach zähem Hin und Her nicht zustande gekommen ist. Laut BBC warnen nun Branchenvertreter, dass Hunderte britischer Besatzungsmitglieder ihre Jobs verlieren könnten. Dazu die Symbolik, die auf der Insel gerade niemand gebrauchen kann.
Im Kern bedeutet das gescheiterte Abkommen, dass die britischen Fischereiflotten keinen Zugang zu den subarktischen Gewässern Norwegens erhalten. Gerade der von Fish & Chips-Freunden mit Vorliebe heiß und fettig verzehrte Kabeljau ist von dem norwegischen Nein betroffen.
Dabei sei das Angebot „fair“ gewesen, beteuerte in einem ersten Statement die britische Regierung. „Schande“, lautete dagegen der frustrierte Konter aus der Branche, die gerade für den ostenglischen Standort Hull gravierende Einschnitte befürchtet.
Noch im Jahr 2018 konnten britische Flotten nach Regierungsangaben Fisch im Wert von 32 Millionen Pfund aus norwegischen Gewässern ziehen. Ein Volumen, das es 2021 noch nicht einmal im Ansatz geben wird, wenn nicht noch ein Wunder passiert.
Hintergrund der gescheiterten Verhandlungen ist, dass das Vereinigte Königreich seit dem Brexit eben nicht mehr Teil der EU-weiten Fischereipolitik ist und so von seinem Recht auf bilaterale Abkommen Gebrauch machen kann. Denn auch Norwegen ist kein EU-Mitgliedstaat, womit man sich eigentlich nur einigen muss, von Angesicht zu Angesicht.
So sah es zuletzt auch aus, da sich beide Handelspartner noch im letzten Jahr auf eine Zusammenarbeit nach dem Brexit verständigt hatten – einschließlich jährlicher Verhandlungen über Quoten und den Zugang zu den Gewässern des jeweiligen Landes.
Nun jedoch scheint die Einigung zumindest für 2021 vom Tisch, was die britische Fischereiwirtschaft zum Kochen bringt. Die Regierung habe es nicht einmal geschafft, die mit Blick auf Norwegen seit Jahrzehnten bestehenden Rechte aufrecht zu erhalten, lautet der berechtigte Vorwurf.
„Als Konsequenz wird es nun keinen arktischen Kabeljau aus Großbritannien geben, der in den Chippies für unser Nationalgericht verkauft wird“, teilte die sichtlich angefressene Branchenchefin Jane Sandell in einem Statement mit.
Stattdessen müsse der Fisch „aus Norwegen importiert werden, das seine Produkte weiterhin zollfrei nach Großbritannien verkaufen kann, während wir aus den Gewässern ausgeschlossen sind“, so Sandell weiter. „Ganz einfach: Das ist eine Schande und eine nationale Blamage.“
Ein Sprecher des britischen Ministeriums für Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft entgegnete, man habe im besten Interesse der hiesigen Fischereiindustrie verhandelt. Aber: „Letztlich lagen unsere Positionen zu weit auseinander, um in diesem Jahr ein Abkommen zu erreichen.“ Im Laufe des Jahres wolle man es aber noch einmal versuchen.
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