Hat Großbritannien Schottlands Wirtschaft absichtlich klein gehalten?
London und die Misswirtschaft mit Schottlands Ölvorkommen
Beim Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands 2014 stimmten die Schotten mehrheitlich für den Verbleib ihres Landes unter der englischen Krone. Eines der Hauptargumente, die dafür sorgten, dass die Menschen für den Erhalt der Union stimmten, war der mögliche automatische Austritt Schottlands aus der EU. Denn nicht Schottland ist Mitglied der EU, sondern das Vereinigte Königreich, dessen Teil Schottland ist.
Nun, da der Brexit ansteht, fällt dieses Argument nicht mehr ins Gewicht. Im Gegenteil, viele Schotten fühlen sich um den Verbleib in der EU betrogen. Immer mehr stimmen werden laut, die ein neues Unabhängigkeitsreferendum für Schottland fordern. Diesmal fürchtet Großbritannien mehr denn je eine Abspaltung Schottlands.
Vor dreizehn Stunden hat die Online-Ausgabe des Harold Scotland einen entlarvenden Bericht veröffentlicht, demnach die britische Regierung in London absichtlich Misswirtschaft mit dem Ölvorkommen im schottischen Gewässer betrieben haben soll, um die Unabhängigkeitsbetrebung Schottlands zu schwächen.
Der Bericht stützt sich auf Aussagen des Wirtschaftsverbandes Business for Scotland (BSF), der kürzlich verlautbarte, dass London seit dem Öl-Preisverfall vor zwei Jahren bewusst „Missmanagement“ betrieben hätte, der Schottland Dutzende Milliarden Pfund gekostet habe.
Schottland wäre ein ökonomisches Machtzentrum, wenn die Minister des Königreiches die Erdölvorkommen in der Nordsee seit der Krise nicht so schlecht verwaltet hätten, lautete es aus dem Wirtschaftsverband.
Der Bericht untersuchte den Ölpreis seit dem Verfall – der zu Massenentlassungen in der Branche geführt hatte – und verglich die Besteuerungspolitik der Norweger und die Großbritanniens.
BSF sagte, dass seit dem Preis-Crash 2015, als sich der Preis pro Barrel Öl halbierte, Norwegen immer noch 29,33 Milliarden Pfund mit Öl und Gas erwirtschaftete. Wohingegen Großbritannien 22,8 Milliarden Pfund Verluste mit dem Ölgeschäft eingefahren habe.
In einem Bericht des BSF heißt es, ohne das Versagen Großbritanniens im Öl- und Gasgeschäft, würde „Schottland einen deutlichen Überschuss im Haushalt haben“.
Die Ergebnisse der Untersuchung wurden kurz vor den in dieser Woche verkündeten Haushaltszahlen Schottlands veröffentlicht. Der Wirtschaftsbericht über die Einnahmen und Ausgaben Schottlands (GERS) wird jährlich veröffentlicht.
BSF behauptet, dass die Regierung in London absichtlich Missmanagement betrieben hätte, um Schottlands Wirtschaft klein zu halten, und damit auch die mögliche Unabhängigkeitsbewegung zu unterminieren.
Der Geschäftsführer des BSF, Gordon MacIntyre-Kemp, kommentiert den Bericht seines Verbandes gegenüber The Harold mit den Worten: „Es ist höchst ironisch, dass die britische Regierung durch falsche Steuerpolitik dem schottischen Haushalt Milliarden entzieht, und damit zu einem Haushaltsdefizit geführt hat. Dieses Defizit wird dann als ein ökonomisches Argument angeführt, das den Verbleib Schottlands in der Union begründen soll.“
BSF unterstellt London, dafür gesorgt zu haben, dass die Ölkonzerne steuerlich bessergestellt wurden, anstatt für die Leute zu sorgen, die seit der Krise zu tausenden ihre Jobs verloren.
Der Ölriese Shell musste seit dem Preisverfall in allen 24 Ländern, in denen das Unternehmen Öl fördert, Steuern zahlen. Außer in Großbritannien.
Großbritannien habe im Gegenteil sogar Shell 179 Millionen Pfund Steuern zurückgezahlt, während der multinationale Konzern in Norwegen 4,6 Milliarden Pfund an Steuern gezahlt habe. Genauso habe man mit BP verfahren, diese erhielt eine Steuerrückzahlung in Höhe von 342 Millionen Pfund.
Im Bericht des BSF heißt es: „Es war Großbritanniens Regierung, nicht der Preisverfall allein, der dazu geführt hat, dass Schottland einen Haushaltsdefizit vorweist.“
Business for Scotland ist ein Wirtschaftsverband und Ideenschmiede, die den Unternehmen eine Stimme geben will, die die Unabhängigkeit Schottlands unterstützen.
ap