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Eine „beigefarbene Ernährung“

Armut in Großbritannien: Mehrheit der Sozialhilfe-Empfänger kann sich keine gesunde Ernährung leisten

Die soziale Kluft in Großbritannien wird tiefer – das zeigt der Armutsbericht der Joseph Rowntree Foundation (JRF), der Ende Januar veröffentlicht wurde. Besonders dramatisch ist die Entwicklung in England und Wales, wo die Kinderarmut im vergangenen Jahr deutlich zugenommen hat. 14 Millionen Briten gelten als arm, eine baldige Änderung der Situation ist nicht in Sicht. Wie eine neue Studie belegt, ist die Situation für die Armen in England weit dramatischer als bisher gedacht.

Armut in Großbritannien
Seit dem sog. Brexit hat sich die Situation der Armut in Großbritannien noch einmal verschärft. Die aktuelle Studie führt den traurigen Beweis, dass Arme sich weit aus schlechter ernähren als bisher gedacht. (Foto: Edward Howell)
Die aktuelle Studie der Universität Nottingham belegt: Fast alle Menschen, die auf das britische Sozialhilfeprogramm „Universal Credit“ angewiesen sind, haben Schwierigkeiten, sich ausreichend und ausgewogen zu ernähren. Laut der im European Journal of Nutrition veröffentlichten Untersuchung leiden 85 Prozent der Befragten unter Ernährungsunsicherheit – ein Zustand, bei dem der Zugang zu angemessener Nahrung eingeschränkt oder unsicher ist.

Besonders alarmierend: 73 Prozent der Teilnehmenden gaben an, regelmäßig ganze Tage ohne Nahrung auszukommen. 39 Prozent konsumieren nie Obst, 16 Prozent nie Gemüse. Die Folge: ein gravierender Mangel an lebenswichtigen Mikronährstoffen wie Vitamin A, Eisen, Selen oder Jod.

Eine „beigefarbene Ernährung“

Durchgeführt wurde die sogenannte BEANS-Studie (Benefits and Nutrition Study) von der Abteilung für Lebensmittel, Ernährung und Diätetik der Universität Nottingham. Befragt wurden 328 Erwachsene zwischen 16 und 65 Jahren, die über ganz Großbritannien verteilt leben und „Universal Credit“ beziehen. Besonders stark betroffen sind Haushalte mit einem wöchentlichen Einkommen unter 200 Pfund.

Die Ergebnisse zeigen ein deutliches Bild:

Viele Betroffene ernähren sich überwiegend von Brot und wenigen preiswerten Lebensmitteln – eine „beigefarbene Ernährung“, wie sie selbst sagen. Obst, Gemüse und proteinreiche Nahrungsmittel fehlen oft ganz. Der Verlust des pandemiebedingten wöchentlichen Aufschlags von 20 Pfund auf den Universal Credit hat laut Studie zu einem Anstieg der Abhängigkeit von Tafeln geführt.

„Wir wussten, dass Armut mit schlechter Ernährung zusammenhängt – aber dass die Lage so drastisch ist, hat uns überrascht“, sagt Studienleiter Dr. Simon Welham. Besonders besorgniserregend sei der weitverbreitete Selenmangel.

„70 Prozent der Befragten unterschreiten den ohnehin niedrigen Mindestbedarf. Das hat ernsthafte gesundheitliche Folgen – von Gewebeschäden bis zu einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten und Krebs.“

Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Wer weiter entfernt von Supermärkten wohnt, muss aufwendig mit öffentlichen Verkehrsmitteln einkaufen und ist oft auf teurere Läden mit kleinerem Angebot angewiesen.

Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten fordert Welham politische Konsequenzen:

„Die Situation ist inzwischen noch dramatischer als zum Zeitpunkt der Studie. Wenn nicht gehandelt wird, wird ein großer Teil der ärmsten Bevölkerungsschichten gesundheitlich massiv abgehängt.“

Die Studie wurd im European Journal of Nutrition veröffentlicht.

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