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Schmiergelder im britischen Gesundheitssystem?

NHS: Untersuchung deckt „ungeklärte“ Zahlungen der Pharmaindustrie in Millionenhöhe auf

Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) in Großbritannien steckt seit Jahren in der Krise. Chronisch unterfinanziert, Patienten müssen monatelang, wenn nicht Jahre, auf einen Arzttermin warten. Skandale, in die der König höchstselbst verwickelt ist. Erst vor wenigen Tagen kam heraus, dass die königliche Familie Millionen mit dem NHS verdient, indem sie die Liegenschaften ihres Immobilienimperiums an öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Streitkräfte und eben die Bürgerversicherungsanstalt NHS vermietet. Und nun kommt der nächste Skandal.

NHS
Der NHS soll eigentlich Kranken in Grobritannien helfen, scheint aber selbst krankhafte Symptome zu zeigen. (Foto: Ian Taylor)
Eine Untersuchung des British Medical Journal (BMJ) ergab, dass zwischen 2015 und 2022 Pharmaunternehmen schätzungsweise 156 Millionen Pfund an NHS-Trusts in England überwiesen wurden, ohne dass der Öffentlichkeit bekannt wurde, wofür diese Gelder gedacht sind.

Die Recherchen der medizinischen Fachzeitschrift zeigen unerklärte Interessenkonflikte, die Forderungen nach einer Überprüfung der aktuellen Transparenzrichtlinie ausgelöst haben.

Das BMJ analysierte sämtliche gemeldeten, nicht forschungsbezogenen Zahlungen an NHS-Trusts in England von 2015 bis 2022, die in der Datenbank Disclosure UK registriert wurden.

Disclosure UK, betrieben vom Verband der britischen Pharmaindustrie (ABPI), verlangt von teilnehmenden Unternehmen die Offenlegung von finanziellen Zuwendungen und Sachleistungen an Angehörige der Gesundheitsberufe und Organisationen.

Insgesamt wurden 58.302 Zahlungen im Wert von 156.882.790 Pfund an 217 NHS-Trusts geleistet. Dies entspricht einem Fünftel des Gesamtwertes aller Zahlungen an in der Datenbank aufgeführte Gesundheitseinrichtungen wie Allgemeinpraxen, Auftraggeber, Berufsverbände und medizinische Fakultäten.

Zu den zehn größten Empfängern von insgesamt 49.820.043 £ zählten die Krankenhäuser Guy’s and St Thomas‘, University College London, Manchester University, Imperial College Healthcare, University Hospitals Birmingham, University Hospitals of Leicester, Oxford University Hospitals, King’s College Hospital, Barts Health und der Royal Free London NHS Trust.

Die zehn höchsten Einzelzahlungen summierten sich auf 6.237.936 £. Die meisten Zahlungen waren jedoch relativ gering: 94 % betrugen weniger als 10.000 £.

Treuhandverwalter in Erklärungsnot

Von den 220 NHS-Trusts, die zwischen 2015 und 2022 in England tätig waren, erhielten lediglich drei keine Zahlungen, darunter zwei Ambulanz-Trusts. Das BMJ bat die Trusts um weitere Details zu den Zahlungen, jedoch konnten nur wenige den Verwendungszweck dieser Gelder erklären.

Einige Trusts gaben an, Fehler in den Daten gefunden zu haben, äußerten sich aber nicht genauer dazu. Der Guy’s and St Thomas‘ NHS Foundation Trust in London erklärte, dass er „diese Zahlen nicht als korrekt“ anerkenne.

Margaret McCartney, Allgemeinmedizinerin und Befürworterin von Transparenz, hinterfragt, ob es „im Interesse der Patienten und der Öffentlichkeit liegt, dass solche erheblichen finanziellen Transfers zwischen der Pharmaindustrie und dem NHS stattfinden“.

Joel Lexchin von der York University in Toronto, Kanada, kommentiert:

„Wenn Unternehmen über 156 Millionen Pfund investieren, geschieht das nicht aus reiner Wohltätigkeit, sondern weil sie eine Gegenleistung erwarten. Die entscheidende Frage, die bisher unbeantwortet bleibt, ist: Was erwarten sie?“

Internationale Experten kritisierten die Qualität der britischen Offenlegungsdaten sowie die mangelnde Transparenz der NHS-Trusts.

Joel Lexchin erklärte: „Gesetze wie der Sunshine Act in den USA, der die Offenlegung von Transfers über 10 US-Dollar an Lehrkrankenhäuser durch Arzneimittel- und Gerätehersteller vorschreibt, sind notwendig.“

Quinn Grundy von der Universität von Toronto ergänzte:

„Für echte Transparenz müssen Daten über Zahlungen von Pharmaunternehmen an öffentliche Krankenhäuser nicht nur verfügbar, sondern auch leicht zugänglich, präzise und vollständig sein und ausreichend Details enthalten, damit die Öffentlichkeit den Zweck der Zahlung und deren Verwendung durch das Krankenhaus nachvollziehen kann.“

„Disclosure UK wird in Europa als führend im Bereich Transparenz betrachtet“, so Amit Aggarwal, Geschäftsführender Direktor für medizinische Angelegenheiten und strategische Partnerschaften der britischen Pharma-Lobby ABPI.

Er betonte, dass die Datenbank seit ihrer Einführung verbessert wurde, räumte aber ein: „Wir sind uns bewusst, dass es immer Raum für Verbesserungen gibt, und begrüßen konstruktive Vorschläge.“

Ein Sprecher des Ministeriums für Gesundheit und Soziales (DHSC) erklärte, dass man mit den Gesundheitsdienstleistern an aktualisierten Leitlinien zu potenziellen Interessenkonflikten von Ärzten arbeite und Rückmeldungen zu obligatorischen Zahlungsberichten einhole, wie von der Cumberlege-Überprüfung empfohlen.

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