ICXchange-Deutschland e.V. mit einem Erfahrungsbericht
Schüleraustausch in England – Das ist zu beachten
Schulbildung nimmt in England einen hohen Stellenwert ein. Bildungsreformen zielten frühzeitig darauf ab, das Potential der Schüler besser auszuschöpfen, ihre Berufschancen zu verbessern und dadurch die britische Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Maßstab zu erhöhen. Wir beantworten heute die Frage, was es bei einem Schüleraustausch mit England zu beachten gilt?
Internationale Austauschschüler werden an englischen Schulen sehr freundlich aufgenommen. Für die Aufnahme von Austauschschülern erhalten die Schulen eine finanzielle Zuwendung. Schulbücher und Unterrichtsmaterialien werden von den Schulen in der Regel kostenfrei bereitgestellt.
Auch nach dem Brexit ist London weiter an Austauschschülern interessiert
Wie in so vielen Bereichen hat der Brexit leider auch einige Veränderungen und zusätzliche bürokratische Hürden für den Schüleraustausch zwischen Deutschland und Großbritannien mit sich gebracht.
Schülerinnen und Schüler benötigen seitdem für die Einreise nach Großbritannien einen gültigen Reisepass. Personalausweise werden nicht mehr akzeptiert.
Für Aufenthalte über sechs Monate ist zudem ein Visum erforderlich. Es ist ratsam, sich frühzeitig bei der britischen Botschaft oder dem Konsulat über die aktuellen Visabestimmungen zu informieren.
Dessen ungeachtet hat die britische Regierung angekündigt, dass sie weiterhin am Schüleraustausch mit EU-Ländern interessiert sei. Es ist daher zu hoffen, dass die Prozesse in Zukunft vereinfacht werden.
Für kurzzeitige Aufenthalte von bis zu sechs Monaten wie beispielsweise bei Sprachkursen, benötigen EU-Bürger ab dem 02. April 2025 eine elektronische Einreisegenehmigung (ETA).
Die Kosten für einen Schüleraustausch nach Großbritannien sind aufgrund des Brexits gestiegen. Dies liegt zum Teil an den zusätzlichen Kosten für Visa, Reisepässe und ETA.
Zum Teil müssen aber auch höhere Unterstützungsgebühren für Gastfamilien gezahlt werden, um genügend geeignete Gastfamilien für das Programm zu begeistern. Das alles hat dazu geführt, dass insgesamt mehr Kurzprogramme von weniger als 6 Monate nachgefragt werden.
Das System für Austauschschüler
Absolventen der 11. Klasse erhalten nach bestandener Prüfung das General Certificate of Secondary Education (GCSE), vergleichbar mit dem deutschen Sekundarabschluss I. Die meisten Schüler setzten auch danach noch ihre Laufbahn um zwei weitere Jahre fort und besuchen die 12. und 13. Klasse an einer Senior School, an einem Sixth Form College oder an einem College of Further Education.
Am Ende der 13. Klasse finden die Prüfungen zum General Certificate of Education (GCE) Advanced Level (A Level) statt, welches als Zugangsvoraussetzung für ein Studium gilt. Schüler, die keine allgemeine Hochschulreife anstreben, haben in der Sixth Form auch die Möglichkeit, berufsbildende Kurse zu belegen, die zu den General National Vocational Qualifications (GNVQ) führen.
Das Schuljahr in England ist in drei Trimester – Herbsttrimester, Frühjahrstrimester und Sommertrimester – unterteilt. Das Herbsttrimester dauert von Anfang September bis Weihnachten, das Frühjahrstrimester von Anfang Januar bis Ostern und das Sommertrimester beginnt nach Ostern und endet im Juli. Am Ende eines jeden Trimesters gibt es Zeugnisse. Die Notenskala reicht von A bis E, wobei die beste Note A ist.
Englische Schulen bieten größere Freiheiten
Entgegen literarisch tradierter Klischees – Harry Potter lässt grüßen – ist das Tragen von Schuluniformen zumindest von Sixth Formers nicht mehr obligatorisch, dennoch wird auf eine ordentliche Kleidung großen Wert gelegt. An einer englischen Ganztagsschule beginnt der Unterricht um 8.45 Uhr und endet um 15.30 Uhr.
Ab der Sixth Form wird der Unterricht in themenbezogenen Kursen durchgeführt. Dabei haben die Schüler größere Freiheiten bei der Wahl ihrer Kurse als man das aus Deutschland kennt. Sie belegen insgesamt weniger Kurse – in der Regel drei, maximal vier.
Um ihre Motivation, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu fördern und um sie auf universitäre Arbeitsformen vorzubereiten, können Sixth Formers zudem über Freistunden (Free Periods) verfügen. Neben dem regulären Lehrplan bieten viele Schulen zusätzliche Angebote im Rahmen von After School Clubs wie etwa das Mitwirken im Chor, Orchester, Fotografie-AGs, bei Sport und Theater.
Als Austauschschülerin in Kent
Ein Beispiel dafür ist die Schülerin Mirja Nelz aus Suthfeld bei Hannover, die für fünf Monate an einem Programm in Paddock Wood in der Grafschaft Kent teilgenommen hat: von September 2023 bis Januar 2024.
Aufgrund des vergleichsweise warmen und sonnigen Klimas gilt diese Region als das einzige Weinanbaugebiet Englands. Nach der Landung in London wurde zunächst einmal im Rahmen der Orientation Days die Hauptstadt mit all ihren reichhaltigen kulturellen Angeboten und Sehenswürdigkeiten erkundet, bevor es dann weiter zu den Gastfamilien ging.
Mirja landet in einer offenen Gastfamilie, bestehend aus Mutter Sarah, einem mit ihr befreundetem Komponisten und einem Hund. Unvermutete Gegensätze tauchen auf: Während Mirja gerne Popmusik hört, schwört die Gastfamilie auf Klassik. Doch beide Seiten akzeptieren einander; und während Mirja ihre Playlist um klassische Kompositionen erweitert, überredet die Gastfamilie die Schülerin erfolgreich zu einem gemeinsamen Besuch des Royal Opera House.
Auch Weihnachten wird zusammen gefeiert, auch das gehört zum gegenseitigen Kennenlernen und kulturellen Austausch dazu.
Höhen und Tiefen
Und auch das gehört dazu: „Während meiner gesamten Zeit bin ich nur einmal krank geworden. Das war die Phase, in der ich am meisten Heimweh hatte, ich wollte einfach nur in mein Bett in Deutschland und von meiner Mama umsorgt werden“, schreibt Mirja nach ihrer Rückkehr. Doch die Gasteltern kümmern sich liebevoll um ihren Gast und schaffen es, dass diese Phase ein schnelles Ende findet.
Dafür gelingt ihr in der Schule ein famoser Start – und gerade hier sind bei den deutschen Gastkindern die Sorgen oft am größten: „Das Schulleben in England war eine positive Überraschung für mich“, berichtet Mirja: „In der Oberstufe wählen die Schüler nur drei Fächer aus einer Vielzahl von über 20 verschiedenen Kursen aus. Ich habe mich für Health and Social Care, Finance und Psychologie entschieden“, so die Schülerin.
Zwischen den Unterrichtseinheiten gibt es Pausen und man hatte am Tag mindestens einen Unterrichtsblock frei. Diese Zeit nutzte Mirja, um mit Freunden abzuhängen oder Hausarbeiten zu erledigen. Die Mascalls Academy besteht aus mehreren großen Gebäudekomplexen, einer für Kunst und Tanzen, ein weiterer für Naturwissenschaften, eine Sporthalle und einem Aufenthaltsgebäude für die Oberstufe.
Das Überraschende: Mirja fand es einfacher als erwartet, neue Kontakte zu schließen. Die meisten Schüler erscheinen sehr aufgeschlossen und so entstehen schnell feste Freundschaften. Selbst in den Ferien trifft Mirja sie zu Halloween-Partys oder gemeinsamen Besuchen des Weihnachtsmarktes.
In jeder freien Minute drängt es Mirja über die Stadtgrenzen von Paddock Wood hinaus, fährt mit dem Zug nach London, und von dort aus zu anderen Zielen in England wie zum Beispiel Bath, Windsor, Dover, Brighton, Oxford, Canterbury und zu den Harry Potter Studios nach Watford.
Mirjas Tipp an alle Nachahmer: „Auch wenn es erstmal gruselig wirkt, traut euch einfach, denkt nicht zu viel darüber nach und macht so viele Ausflüge wie möglich!“