Warum war Rot früher ein Erfolgsfaktor?
Neue Studie entzaubert alten Mythos: Rote Kleidung im Sport kein Wettbwerbsvorteil mehr
Vor 20 Jahren sorgte eine britische Studie für Aufsehen: Rot gekleidete Boxer gewannen deutlich häufiger als ihre blauen Gegner. Ganze 56 Prozent der Kämpfe entschieden sie für sich – ein klarer Vorteil für die Farbe Rot, wie es damals hieß.
Jürgen Klinsmann hatte kurz nach seinem Amtsantritt als Bundestrainer im Jahr 2004 persönlich dafür gesorgt, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft von weißen auf rote Heimtrikots wechselte. Genützt hatte es nicht allzuviel. Man wurde 2006 zwar Dritter bei der WM, gerade genug für ein „Sommermärchen“, aber an die in den weißen Jerseys gewonnenen WMs von 1954, 1974 und 1990 kam man damit nicht heran.
Inzwischen wissen wir auch, warum die roten Trikots nicht geholfen haben. Die Theorie des Wettbewerbsvorteils durch rote Kleidung ist überholt, und im Fußball hat es diesen Vorteil vielleicht auch nie gegeben. Im Kampfsport war der Vorteil einst jedoch evident.
Eine neue Untersuchung der Universität Durham im Nordosten Englands zeigt, dass Rot speziell im Kampfsport nicht mehr den Ausschlag gibt.
Die Forscher analysierten Daten von sieben Olympischen Spielen (1996-2020) und neun Weltmeisterschaften im Boxen (2005-2021). Ihr Fazit: Es gibt keinen signifikanten Unterschied mehr in der Erfolgsquote zwischen blau und rot gekleideten Athleten. Damit ist der vermeintliche Vorteil, den die Farbe Rot einst bot, Geschichte.
Warum war Rot früher ein Erfolgsfaktor?
Die Studie von 2005 argumentierte, dass die Farbe Rot bei vielen Tieren ein Zeichen für Stärke und Dominanz ist – ein Signal, das auch auf den Menschen wirken könnte.
Damals wurden Kämpfe oft allein durch Schiedsrichterentscheidungen bewertet. Die Forscher vermuteten, dass diese „biologischen menschlichen Tiere“ unbewusst auf die rote Farbe reagierten und sie als Symbol für Überlegenheit wahrnahmen.
Warum ist das heute anders?
Heutzutage spielen technische Hilfsmittel eine größere Rolle bei der Bewertung von Kämpfen. Digitale Punktesysteme und Videoanalysen reduzieren den Einfluss subjektiver Wahrnehmungen der Schiedsrichter. Zudem hat das Bewusstsein für eine mögliche „rote Voreingenommenheit“ bei Sportentscheidungen zugenommen, was die Ergebnisse objektiver macht.
Was bedeutet das für Sportwetten?
Wer auf rote Boxer setzt, kann sich nicht mehr auf die alte Statistik verlassen. Die Zeiten, in denen die Farbe Rot über Sieg oder Niederlage entschied, sind offenbar vorbei. Wie die Forscher festhalten, gibt es keinen Nachweis mehr dafür, dass rot gekleidete Athleten häufiger als Gewinner hervorgehen.
Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Scientific Reports unter dem Titel „Meta-analysis of the red advantage in combat sports“ veröffentlicht.