Einer der wichtigsten Götter des baltischen Pantheons
Engländer verblüfft über das plötzliche Auftauchen eines heidnischen Totempfahls aus dem Baltikum
Viele Menschen im südenglischen Kent zeigten sich verblüfft über das plötzliche Auftauchen eines heidnischen Totempfahls an einem Küstenpfad – der Totempfahl isr dem baltischen Gott Perkun gewidmet. Niemand kann sich erklären, wie er dorthin gekommen ist, aber den Einheimischen gefällt er so gut, dass sie ihn behalten wollen.
Als ein Totempfahl auf mysteriöse Weise auf einem beliebten Küstenpfad in Südostengland auftauchte, reichten die Spekulationen der Einheimischen von „Streich bis Außerirdische“, berichtet die BBC.
Der 2,4 Meter hohe Holzpfahl, der auf den Klippen des North Downs Way in Kent zwischen Folkestone und Dover aufgestellt wurde, erregte vor allem wegen seiner Inschrift mit dem Namen Perkūnas, dem baltischen Gott des Donners, Interesse.
Der Kent Wildlife Trust ist bestrebt, das Kunstwerk im Naturschutzgebiet Capel-Le-Ferne zu belassen, und beantragt derzeit beim Bezirksrat von Dover eine rückwirkende Baugenehmigung, wie der Trust mitteilt. Der Versuch, den Künstler zu finden, der das Kunstwerk geschaffen hat, blieb jedoch bisher erfolglos, so die BBC.
Verbindung nach Litauen
Dr. Francis Young, Historiker und Volkskundler an der Universität Oxford, der sich auf Religions- und Glaubensgeschichte spezialisiert hat, sagte, dass der Pfahl, von dem man annimmt, dass er aus einem einzigen Baum geschnitzt wurde, auf eine litauische Verbindung hinzuweisen scheint.
„Perkūnas ist vielleicht der bekannteste baltische Gott“, sagte er. „Das ist sein litauischer Name. Er ist derselbe wie der slawische Gott Perun. Er ist einer der drei oder vier wichtigsten Götter der baltischen Mythologie, aber nicht der wichtigste. Er ist mit dem nordischen Gott Thor vergleichbar und schwingt ebenfalls einen Hammer.“
Young, Autor von „Pagans in the Early Modern Baltic: Sixteenth-Century Ethnographic Accounts of Baltic Paganism“* (Ethnographische Berichte über das baltische Heidentum im sechzehnten Jahrhundert), sagte, dass wenig über das Aussehen der ursprünglichen heidnischen Totems bekannt ist, da es keine erhaltenen Abbildungen von ihnen gibt.
Aber er sagte, dass die mysteriöse Skulptur mit den Beschreibungen von Totems durch christliche Missionare aus dem 15. und 16. Jahrhundert in Litauen, dem letzten Land in Europa, das das Heidentum nicht mehr praktizierte, sowie mit der Forschung über vergleichende osteuropäische Mythologien übereinzustimmen schien.
„Manchmal wurde [das Totem] aus einem lebenden oder einem gerade abgestorbenen Baum geschnitzt“, fügte Young hinzu.
Jerzy Sikora, ein Mittelalterarchäologe an der Universität von Łódź, bemerkte auf Twitter, dass das Kent-Totem dem Wolin Svetovit ähnele, einer Schnitzerei aus dem neunten oder zehnten Jahrhundert, die Svetovit, einen slawischen Gott des Überflusses und des Krieges, darstellt und 1974 in Polen gefunden wurde.
Young stimmte zu, dass dies die Inspiration für die Kent-Skulptur sein könnte, da es kein anderes Quellenmaterial gebe.
Der Standort des neuen Totems sei jedoch ungewöhnlich, da die Skulpturen traditionell in Waldgebieten aufgestellt würden.
Ian Rickards, Gebietsleiter des Kent Wildlife Trust, sagte, er nehme gerne an, dass das Totem zum Schutz der kürzlich wieder angesiedelten Rotschnabeldohlen aufgestellt wurde, die in Kent seit über 200 Jahren aufgrund von Lebensraumverlust und historischer Verfolgung nicht mehr in freier Wildbahn vorkommen, schreibt die BBC.
„Ich würde gerne glauben, dass jemand diesen Gott angerufen hat, um die Vögel zu schützen, die bei dem nassen und windigen Wetter der letzten Zeit auf den Kreidefelsen nisten“, sagte Rickards, der die Schnitzerei seit ihrem plötzlichen Auftauchen Ende Juli zweimal besucht hat.
„Viele Leute, die vorbeikamen, blieben stehen, um sie zu bewundern. Der gesamte Pfosten ist mit etwas bedeckt, das aussieht wie verschlungene Wellen mit einem Totemkopf mit einer Metallkappe oben drauf. Es ist ein Kunstwerk und gut verarbeitet.“ Aufgrund seiner Größe und seines Gewichts hätte es viel Mühe gekostet, ihn in der Dunkelheit nach oben zu bringen.
Young sagte, Perkūnas sei eine positive Figur gewesen, die zum Schutz vor stürmischem Wetter angerufen wurde. „Selbst im 19. und 20. Jahrhundert lebt die Folklore weiter und die Menschen beschwören ihn, wenn sie bei Regen rausgehen“, sagte er.
Perkūnas, einer der wichtigsten Götter des baltischen Pantheons
Perkūnas (lettisch Pērkons), deutsch Perkun, ist ein baltischer Himmels- und Gewittergott. Das altpreußische Wort percunis bedeutet wohl „Donner“. Perkūnas ist eine der am häufigsten erwähnten Figuren des baltischen Pantheons und ist auch heute gemeinhin bekannt. In den neuheidnischen Bewegungen hat Perkūnas eine wichtige Rolle inne.
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